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Sorgt für erhizte Gemüter: Der Wolf, hier im Wildpark Schorfheide.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Bestie oder bester Freund?

In Potsdam-Mittelmark leben mittlerweile über 30 Wölfe / Ihre Rückkehr spaltet Gegner und Befürworter

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Potsdam-Mittelmark - Die Fronten haben sich verändert: Aus dem Jahrhunderte währenden Konflikt zwischen Mensch und Wolf ist ein erbitterter Kampf zwischen den Gegnern und Befürwortern Isegrims geworden. „Deutschland soll wolfsfrei sein“, proklamiert da ein Jäger im rustikalen Festsaal des „Linther Hofes“ – um dann von einem Mitglied des Nabu in die rechtsextreme Ecke gestellt zu werden. „Jäger – das ist doch kein Beruf“, schimpft eine Dritte. „Ich verhungere nicht, wenn der Wolf einen Rothirsch frisst“, meint sie, „nur Sie haben dann ein Geweih weniger für ihre Sammlung.“

Die Kreistagsfraktion der CDU musste am Montagabend einiges daran setzen, damit die Lage nicht aus dem Ruder läuft. Eingeladen hatten die Abgeordneten nach Linthe zu einer Diskussionsrunde zum Thema „Wölfe in der Mittelmark“. Die sind hier längst angekommen: Auf den Truppenübungsplätzen in Jüterbog, Altengrabow und Lehnin, die nur noch zum Teil von der Bundeswehr genutzt werden, würden mittlerweile über 30 Tiere leben, so der ehrenamtliche Wolfsbeauftragte des Landes für Potsdam-Mittelmark, Torsten Fritz. Die dort heimischen Pärchen würden pro Jahr zwischen vier und sieben Welpen produzieren, welche dann im Folgejahr weiter wandern.

Für Jäger bedeuten sie eine ernsthafte Konkurrenz: Bei einem Revier von 800 Hektar würde ein Wolf über 16 Stück Wild pro Jahr erlegen – rund die Hälfte dessen, was er so erlege, berichtete der Waidmann Karl Parlesak aus Treuenbrietzen. Er gab sich relativ entspannt: „Man wird abwarten müssen“, sagte er. Die Landwirte indes befürchten, dass Wölfe auch verstärkt kleine Nutztiere wie Schafe und Ziegen angreifen könnten. Solche Fälle hatte es im Landkreis schon gegeben (PNN berichteten). „Man kann die Herden künftig nur mit Zäunen schützen“, erklärte Silvia Wernitz, Geschäftsführerin beim Kreisbauernverband. Die Kosten dafür müssten vom Land erstattet werden. Zudem forderte sie, dass eine Entschädigung für Landwirte, in deren Beständen der Wolf gewütet hat, verpflichtend wird.

Tatsächlich gebe es einige Probleme, wie der Wildbiologe Sven Herzog von der Technischen Universität Dresden einräumte. So werde die Rückkehr des Wolfes von den Behörden nur unstrukturiert begleitet. „Man lässt die Entwicklung einfach laufen und denkt nicht über das Ende nach“, so Herzog, der die wissenschaftliche Kompetenz bei Verwaltungsentscheidungen vermisse. Er verwies auf das Beispiel Schweden, wo die Wolfsbestände auch durch Bejagung kontrolliert werden. In Deutschland ist das nicht möglich.

Die Interessengruppen, welche sich an die Spitze der Pro-Wolf-Bewegung gestellt hätten und ihren Einfluss geltend machen würden, seien auch nicht unbedingt objektiv. Die Politik müsse hier mit den Bürgern arbeiten und nicht mit Verbänden. Demokratische Entscheidungsprozesse würden in dem Punkt weitgehend fehlen, die derzeitigen Managementpläne seien auch nicht hilfreich. „Man sollte sagen, was in welcher Situation zu tun ist“, forderte der Biologe. Im Moment gehe es eher darum, wer alles mitzureden hat.

Auf lange Sicht sei nicht abzuschätzen, wie lange der Wolf seine Scheu vor dem Menschen behält. „Wir müssen Mechanismen entwickeln, damit er sich nicht in den Vorstädten niederlässt“, forderte Herzog. Laut Knut Große, Amtstierarzt von Brandenburg (Havel) und Bürger des Landkreises, geschehe zurzeit das Gegenteil. „In den Städten füttern die Leute das Schwarzwild, manche auch die Füchse. Die Probleme sind hausgemacht“, sagte er. Bedenken habe er auch im Hinblick auf die Verbreitung der Tollwut durch Wölfe.

„Welchen Nutzen hat dieses Tier überhaupt?“, fragte einer der Jäger. Sven Herzog konstatiert, dass die Frage falsch sei. Der Wolf habe das Recht auf Leben – wie alle anderen auch. Thomas Lähns

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