Von Thomas Lähns: Bilder aus dem sagenhaften Töplitz
Inselschüler behandelten Heimatsagen im Unterricht – und illustrierten ein neues Buch darüber
Stand:
Werder (Havel) – Die Töplitzer waren schon immer ein pfiffiges Völkchen. Vor langer Zeit war der Teufel auf dem Weg nach Golm gewesen. Im Gepäck hatte er zwei große Steine, mit denen er die Kirche „zertöppern“ wollte – weil der Glockenklang seine Großmutter störte. Auf der Wublitzbrücke traf er eine Töplitzer Schusterin, die mit einem Korb kaputter Schuhe unterwegs nach Hause war. „Muttchen, wie weit ist es noch bis Golm“, fragte er sie? Nachdem sich die Frau hat erklären lassen, was er vorhat, wies sie auf ihren Korb und sagte: „Alle diese Schuhe habe ich schon von Golm bis hierher abgelatscht.“ Das war dem Teufel zu weit: Er warf er die Findlinge in die Wublitz – wo sie noch heute liegen.
Viele Sagen ranken sich um die Insel Töplitz. „Es gab irgendein Phänomen, und dazu haben sich die Leute früher Erklärungen gesucht“, sagt Deutschlehrerin Catrin Ramdohr. Es ist viel Aberglaube dabei, oft ein bisschen Grusel – und immer ein Körnchen Wahrheit. Die Kinder der Inselschule haben die Heimatsagen aus dem Havelland lebendig werden lassen: Für das Büchlein „Sagenhaftes Töplitz“, das jetzt im Eugenia-Verlag erschienen ist, haben sie die Illustrationen beigesteuert. Geschrieben und herausgegeben hat den Band der Ortschronist Markus Vette.
Der Lehrplan für den Deutschunterricht in der fünften und sechsten Klasse sehe das Thema ohnehin vor, erklärt Catrin Ramdohr. Es war also naheliegend, neben national bekannten Sagen auch Erzählungen aus der Region aufzugreifen. Die werden noch immer von den Alteingesessenen an ihre Kinder weitergegeben. Begeistert griffen die Inselschüler zu Papier und Bleistift. „Es ging nicht um Begabung, sondern um die Freude an der Umsetzung“, sagt Frau Ramdohr, fast alle Zeichnungen seien veröffentlicht worden. Jedes Bild ist eine kleine Zeitreise ins sagenhafte Töplitz. Da sieht man Riesen, Hexen, Teufel und fantasievolle Zeichnungen von Burgen, Dörfern und der Havel.
Die 26 Havelland-Sagen sind nicht nur spannend, sondern auch aufschlussreich. So erfährt der Leser, wie der Räuberberg bei Phöben zu seinem Namen gekommen ist: Der Legende nach lauerten hier im 14. Jahrhundert, als die Mark wild und gesetzlos war, die Rochows arglosen Handelsschiffern auf. Sie sollen eine Kette unter der Wasseroberfläche gespannt haben, die per Schnur mit einer Glocke oben auf der Burg verbunden war. Kam ein Kahn vorbei, klingelte es und die Raubritter kamen ans Ufer, um Beute zu machen.
Grabungen aus dem frühen 20. Jahrhundert ergaben, dass sich tatsächlich einst eine Burg auf der Landzunge befand, die „ein wichtiges Zentrum während der ersten Phase der deutschen Ostexpansion“ war, wie der Heimatverein Phöben in seiner Chronik vermerkt hat. Eine Urkunde von 981 bezeugt, dass Kaiser Otto II. ein „Castell Brichova“ an das Kloster Memleben übereignete. Der Heimatverein vermutet, dass es sich hierbei um die Burg auf dem Räuberberg handelt. Nach dem zweiten Wendenkreuzzug unter Albrecht dem Bären im 12. Jahrhundert soll die Burg in der Uferaue erneuert und noch viele Jahre genutzt worden sein.
Nicht nur die Rochows haben hier ihr Unwesen getrieben: Eine andere Sage handelt von einer weißen Frau, die am Räuberberg einst einem Fischer erschienen war. Sie bat ihn, ihr sein neugeborenes Kind zu bringen, „damit sie es küsse, dann werde sie erlöst werden“. Der Fischer war unsicher, ob er das darf. Auf Anraten eines Predigers ließ er es taufen, bevor er es der weißen Frau brachte. Die jedoch weinte, dass das Kind nicht getauft sein dürfe. „Und so erscheint sie immer noch zuweilen auf dem Räuberberg“, heißt es in der Sage. Wie viel Wahrheit darin steckt, kann jeder selbst herausfinden, indem er über die Havel rudert – hinein ins sagenhafte Töplitz.
Das Buch gibt es für 6,95 Euro u.a. im Töplitzer Einkaufsmarkt, Dorfplatz 8.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: