Potsdam-Mittelmark: Blaue Früchte und getrübte Freude
Obstbauern fordern nach Frostschäden Hilfe vom Land / Eröffnung der Heidelbeersaison in Klaistow
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Beelitz - Eines der ältesten Standbeine der havelländischen Wirtschaft droht in diesem Jahr wegzubrechen: Durch Frostschäden verzeichnen die Obstbauern Ernteeinbußen von bis zu hundert Prozent. „Viele Betriebe mussten bereits Personal entlassen“, sagte Jörg Kirstein, Präsident des Landesverbandes Gartenbau, gestern in Klaistow. Vor dem Hintergrund der Eröffnung der diesjährigen Heidelbeersaison forderte er von der Landesregierung finanzielle Hilfen für die Obstbauern – nicht nur in Form von Krediten, sondern als Direktzahlung. Zudem müsse sich das Kabinett von den Kürzungsplänen im Bereich der Forschung verabschieden, so Kirstein. Einrichtungen wie das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (Märkisch-Oderland) seien unentbehrlich, um den Obstbau für den Klimawandel zu wappnen.
Der macht sich längst bemerkbar. Von einem Tag auf den anderen seien die Heidelbeeren bereits vor einer Woche gereift, der Startschuss für die Erntesaison fiel auf den letztmöglichen Termin, so der Chef des Spargel- und Erlebnishofes, Ernst-August Winkelmann. Aber mehr als das trockene und heiße Wetter der vergangenen Wochen hat der Frost Anfang Mai den Bauern zu schaffen gemacht. Bis auf 7 Grad unter Null waren die Temperaturen nachts gesunken, die meisten Obstblüten sind dadurch zerstört worden. In der Region Werder (Havel) ist die Erdbeer-Selbstpflücke in vielen Betrieben abgesagt worden. Die Erträge lagen bei höchstens 50 Prozent der normalen Menge (PNN berichteten).
Der Frost hat auch die Heidelbeeren nicht verschont: In diesem Jahr sei die Hälfte seiner Pflanzen in Mitleidenschaft gezogen worden, sagte Winkelmann. Der Spargelhof Klaistow baut die Kulturfrucht auf 15 Hektar an und ergänzt damit sein Sortiment. Für Selbstpflücker sind also noch genug vorhanden. Das Familienunternehmen ist breit aufgestellt: Im Frühjahr kommt der Spargel, im Sommer das Obst und im Herbst folgen die Kürbisse. Und man setzt auf den Erlebnisfaktor mit Selbsternte und Veranstaltungen. So gibt es am kommenden Wochenende ein großes Heidelbeerfest, ab Freitag öffnet das Maislabyrinth.
Kleine Betriebe, die sich nur auf den Verkauf stützen, gehen in diesem Sommer hingegen buchstäblich baden. „Und deshalb muss die Landesregierung jetzt mit uns an einen Tisch“, forderte Jörg Kirstein. Zumindest in punkto Klimawandel scheint man dort ähnlicher Ansicht zu sein: „Die wechselhaften Wetterschübe sind ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen“, räumte Rainer Bretschneider (SPD), Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, gestern ein. Dass sich das Land weiterhin im bisherigen Maße an der Forschung beteiligen wird, versprach er allerdings nicht. Stattdessen hob er das Beispiel des Klaistower Hofes hervor: „Es reicht nicht, ein gutes Produkt zu haben, man muss es auch gut verkaufen“, so Bretschneider. Und da ließe sich im Land noch einiges verbessern.
Denn die Kultur-Heidelbeere ist auf dem Vormarsch: Laut Landwirtschaftsministerium wird sie auf insgesamt 78 Hektar angebaut, vor allem in der Prignitz, im Barnim und in der Mittelmark. Brandenburg ist damit der drittgrößte Produzent bundesweit. Erträge von über 50 Dezitonnen pro Hektar wie bislang wird es in diesem Jahr allerdings kaum geben. Zwischen der aus Nordamerika stammenden und weiterentwickelten Kultur-Heidelbeere und der heimischen Blaubeere gibt es übrigens Unterschiede: Die Heidelbeere ist größer, milder und färbt nicht ab. Und sie wächst an hohen Sträuchern. Ernst-August Winkelmann hob die heilsame Wirkung hervor: Die Heidelbeere senke Blutdruck und Cholesterinspiegel. „Und man muss sich nicht bücken, um ranzukommen“, setzte Bretschneider hinzu.
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