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KulTOUR: Botox auch keine Lösung „Starke Frauen“ in der Petzower Schinkelkirche

Werder (Havel) - Als die Berliner Malerin Alexandra Weidmann den Zuschlag für die Petzower Kirche bekam, sollte es eigentlich eine Personalausstellung werden. Aber sie erinnerte sich jener Schweizer Kollegin, die sie vor zwei Jahren bei einer Ausstellung in New York traf, und so kam es, dass der geneigte Besucher seit Samstag gleich „zwei Starke Frauen“ auf dem Grelleberg zu Gesicht bekommt.

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Werder (Havel) - Als die Berliner Malerin Alexandra Weidmann den Zuschlag für die Petzower Kirche bekam, sollte es eigentlich eine Personalausstellung werden. Aber sie erinnerte sich jener Schweizer Kollegin, die sie vor zwei Jahren bei einer Ausstellung in New York traf, und so kam es, dass der geneigte Besucher seit Samstag gleich „zwei Starke Frauen“ auf dem Grelleberg zu Gesicht bekommt. Was das für welche sind? „Starke Frauen sind Frauen, die das Leben meistern“, so bringt es die Berlinerin auf den Punkt.

Dem Kunstfreund ist sie nicht unbekannt, hat sie doch bereits in Werders Stadtgalerie als auch in Petzow ausgestellt. Wie ihre Kollegin Helga Zumstein, die Walliserin, arbeitet auch sie gern mit fotografischen Vorlagen. Damals waren es die Fotos von Marie Goslich, dann unbekannte Familienfotos, welche sie verarbeitete, indem sie das Figürliche aus dem eigentlichen Bildkontext herausnahm und teils farblich veränderte. So standen Kind oder Hund und Familie vor einem fast unifarbenem Hintergrund wie einsam in dieser Welt. Desgleichen auch jetzt, nur dass Weidmann hier mehr ihr persönliches Umfeld in den Fokus rückt, die Oma, die Schwägerin, die Lehrerin, die Schwiegermutter. So viel Stärke in nur einer Familie, bewundernswert! Sie möchte ihre Arbeiten nicht als fotografischen Abklatsch (sind sie auch gar nicht) verstanden wissen, eher als Familiengeschichten. Da sitzen zweie beieinander und haben sich gar nichts zu sagen, da werden die Schriftstellerin Tanja Blixen und die IS-Gefangene Nadia Murat zu den „Starken“ erhoben, selbst wenn die Welt davon nichts wissen will. Weidmanns Stil verfremdet, hebt heraus. Sie malt allein mit Öl, lasiert Schicht um Schicht, bis der gewünschte Effekt erreicht ist. Die Loslösung wortwörtlich vom Grund und eine gewisse Flächigkeit verleihen diesen Arbeiten etwas Märchenhaftes, Naives, ja sogar Ewiges.

Helga zum Stein hat zwar einen ähnlichen Ansatz, aber ein ganz anderes Temperament. Ein nicht mitgebrachtes Bild zeigt ihr Porträt und titelt „Mein Mann hat eine tolle Frau“, das ist wie ein Statement. Auch viele andere verweisen auf eine faustdicke Lebensnähe: „Starke Frauen sind Frauen, die ihr Leben meistern“. Ihr eigenes zuerst, dies freilich mit Selbstironie und sehr viel Lakonik. Sie malt mit Acryl, sucht und will den Alltag festhalten, wobei man ihren Arbeiten den fotografischen Urgrund niemals ansieht. Da sind die Nurse mit den zwei Kindern vor der Großstadtkulisse New Yorks, die weit ausladenden Freuden-Gesten zweier Sommerbade-Nixen oder der Stoßseufzer, „Ich liebe diese 10 Sekunden, in denen der Wäschekorb leer ist“. Besonderen Erfolg hat die Schweizerin mit ihren Miniaturen im Format 20 mal 20, die gern und überall gekauft werden. Lakonischer O-Ton: „Botox ist auch keine Lösung.“

Beide figurativ, beide „realistisch“, beide irgendwie seelenverwandt, und jede dieser „starken Frauen“ doch liebenswert auf ihre Art. Die Entscheidung zu einer Doppelausstellung war also goldrichtig, hier auf dem Berg kann man nicht nur weit, sondern auch tief in die Anatomie der Kunst hinein blicken, deren einer Teil zur Natur, ihr anderer zur „Künstlichkeit“ hinneigt. Dass Kunst von Können kommt, versteht sich von selbst. Gerold Paul

Bis 6. August Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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