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Potsdam-Mittelmark: Bröckelndes Christusrelief

Die Heilungsgeschichte auf dem Südwestkirchhof droht zu kippen

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Stahnsdorf - Das Christusrelief, das wohl monumentalste Denkmal des Stahnsdorfer Südwestkirchhofs, droht zu kippen. „Es muss unbedingt etwas vor dem nächsten Winter passieren“, appellierte Kirchhofsverwalter Olaf Ihlefeldt gestern vor dem strahlend weißen Denkmal. Der Zahn der Zeit habe an dem Relief genagt. Ein Spendenaufruf soll die nötigen 10 000 Euro zusammentragen, um das Bild der Heilungsgeschichte, eines der schönsten Werke des Berliner Bildhauers Ludwig Manzel, zu retten. Manzel wäre gestern 150 Jahre alt geworden.

Vor drei Jahren ist Ihlefeldt das erste Mal auf das Monument gestiegen und hat Christus über die Schulter geschaut. Da war noch alles in Ordnung. Über den letzten Winter haben sich jedoch zentimeterdicke Risse hinter der Statur im Mittelteil gebildet. Auch das Podest, auf dem die Jesusfigur steht, hat sich verschoben. Fingerbreit haben sich die Fugen geöffnet. Sogar einige Besucher hätten den Friedhofsverwalter schon auf die Risse angesprochen. Bevor das „ganz große Drama passiert und die Figur kippt, müssen wir was machen“, erklärte Ihlefeldt. Deshalb startete der Förderverein des Südwestkirchhofs am 150. Geburtstag von Manzel die Spendenaktion. Noch vor dem nächsten Winter sollen die Bauarbeiten beginnen – wenn das Geld zusammen kommt.

An der ersten Weggabelung des Südwestkirchhofs, 150 Meter vom Haupteingang des Friedhofs an der Bahnhofsstraße entfernt, blitzt das Monument durch die Bäume. Es ist kein Grabdenkmal, wie viele der Steine, Kreuze und Staturen auf dem Friedhof, sondern ein Begrüßungsbild, erklärt Ihlefeldt. Es nimmt Bezug auf das Matthäus-Zitat „Kommt her zu mir alle, die ihr. mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“. Muskelstränge, schmerzverzerrte Gesichter und weit aufgerissene Augen – in verblüffend detaillierter Arbeit hat Manzel, der auch Präsident an der Berliner Akademie der Künste war, die biblische Heilungsgeschichte in feinstem italienischen Marmor gearbeitet. Zwei Jahre sollen er und seine Schüler sowie der Stahnsdorfer Bildhauer Paul Hubrich am Werk gearbeitet haben. 1912 wurde es fertig – eigentlich für eine protestantische Kirche in Posen. Doch die wurde im späteren Polen nie gebaut. Der erste Weltkrieg sorgte dafür, dass das Monument auf dem Südwestkirchhof, viele Jahre später, 1929 einen Platz erhielt. Sieben Jahre später starb Ludwig Manzel und ließ sich in Sichtweite seines wohl größten Denkmals beerdigen.

Wind und Wetter konnten dem Denkmal über Jahre nichts anhaben. Sogar den Zweiten Weltkrieg überstand das Kunstwerk unversehrt. Nicht auszudenken der Schaden, würde die Statur kippen. Doch der Förderverein ist „ausgepowert“, erklärt Ihlefeldt. Im letzten Jahr investierte man 12 000 Euro in die Sanierung des antiken „Dianatempel“ auf der schwedischen Sektion des Friedhofsgeländes. „Das Spendenaufkommen war leider gering.“ Selbst Ikea, Vattenfall und andere schwedische Konzerne ließen sich nicht zu Spenden überreden. „Ein Friedhof ist eben schwer zu bewerben.“

Nun hofft er auf private Sponsoren. Zwei Stahnsdorfer haben sich bereits bereit erklärt, mit Großspenden zu helfen. „Aber auch viele Kleinspender müssen noch dazu kommen – wir sind für jeden Euro riesig dankbar“, erklärt Ihlefeldt. Schließlich soll das Monument im nächsten Jahr – zum 100-jährigen Jubiläum des Friedhofs – die Besucher wieder begrüßen. Tobias Reichelt

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