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KulTOUR: Bronzezeit – Eisenzeit
Atelierfrühstück bei Bildhauer Volker Bartsch in Wildenbruch
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Michendorf - Ein Atelier kann man zwar für gewöhnlich nicht essen, aber es nährt Mann und Maus. Zu solcherart „Atelierfrühstück“ lud die Potsdamer Galerie Ruhnke am Samstag nach Wildenbruch ein. Voranmeldung war für die billettpflichtige Veranstaltung bei Volker Bartsch nötig, denn trotz des einige tausend Quadratmeter großen Geländes nahe des Gasthofs „Zur Linde“ sollte ja eine persönliche und fruchtbare Atmosphäre gewahrt bleiben. Viele bekundeten Interesse, zuletzt aber blieb es bei etwa zwanzig Besuchern, Zaungästen und Unangemeldeten.
Für Ruhnke war es die vierte Veranstaltung dieses Typs, mit der er ein wenig für Land, Leute, Kunst und seine Galerie zu werben gedachte. Der 1953 in Goslar geborene Bildhauer, Maler und Grafiker fühlte sich, wie man hörte, ein wenig gedrängt, aber gut, so sah und hörte man viel über die Bilder und Werke, über Kunst und Schaffen dieses sympathischen Einzelgängers, der sich „herrschenden Kunstrichtungen“ stets zu entziehen verstand.
International hat sich Volker Bartsch zwar längst „durchgesetzt“, hier ist er wenig bekannt. Eine Ausstellung bei Ruhnke vor Jahren, eine Skulptur für den Eiszeitgarten in Kähnsdorf, das „Power Gate“ vor Potsdams Energiezentrale, ein Tor „Grenzenlos“ in Plessow. Berlin kennt ihn besser, da gibt es unter anderem diesen Brunnen am Elefantentor vom Zoo. Mit der größten Bronzeskulptur Deutschlands vor dem Ford-Bau in Berlin habe er – das ist nun nicht wenig – sogar „die Gesetze der Physik“ überlistet. Arbeiten älteren Datums findet man auf den weiten Flächen des Wildenbrucher Rasens, Bronzen und Eisenblechtore geschlossen und offen, meist sind noch die Springnähte sichtbar. Bronzetore wie einst in Mykene. Ein „Merkur“ reckt sich in drei Dimensionen, von innen her bestens getroffen. Auch Blech ist da noch viel im Spiel, von den Schrottplätzen Berlins geborgen. Dabei entdeckte er die alten „Industriefarben“ wieder, das „Siemensrot“ etwa, auch die Transportfirma Havelmeister hatte ihre eigene. Unauffällige, aber sehr schöne Erdfarben, unter seiner Hand wieder zum sichtbaren Schmuck vieler Werke gemacht. Aber da steht man schon mitten in der ausgebauten Scheune in seiner Metallwerkstatt, mit eigener Gießerei für seine vielen Bronzen. Daneben gibt es eine zum Drucken, denn Volker Bartsch arbeitet sich meist von Ideenskizzen her an seine Themen heran. Grafiken, Bilder an allen Wänden. Oben dann, wo er mit eigenem Schlagzeug auch mal auf die Pauke haut, das Malatelier „zum Entspannen“. Richtig gute Sachen in den bekannten Erd-Koloriten, Malerei oft in grafischer Lesart. Aber auch „meine italienischen Mädels“, Damen, die sich einst silikongestützte Unter-Häute zulegten. „Nach zwanzig Jahren löst sich das auf“, mithin alles Gesicht. Gruselig. Ein dreiviertel Jahr habe er just in Italien gelebt, na, diese Italiener packen auch alles ein, uzte er, und enthüllt im Parterre eine Plane. Voila! von diesem französischen Auto der Marke "Facel Vega" wurden nur ein paar Dutzend gebaut, Albert Camus fuhr sich mit so einem Ding zu Tode!
Die Werke dieses Künstlers Volker sind selten in Schönheit, auch nützlich sind sie nicht sehr. Wichtig nur, dass sie „da“ sind, signalisieren sie doch seine intensive Grenzgängerschaft zwischen Bronze- und Eisenzeit bis in die Strukturen hinein. Von hier nach dort und retour: Dies Werk, das bin ich! Plötzlich wird alles klar auf diesem Wohnsitz im Lande, neben Berlin: Gegenwart ist Eisenzeit! Bueno apetito, alle Herrschaften.
Gerold Paul
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