Potsdam-Mittelmark: Bürgermeisterin Jung missbilligt
Aber nicht von allen: Michendorfs Grüne spotten über „Eintrag ins Klassenbuch“
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Michendorf - Mehrheitlich haben Michendorfs Gemeindevertreter am Montag Bürgermeisterin Cornelia Jung (parteilos) ihre Missbilligung ausgesprochen. Grund für den Rüffel ist das Hin und Her um die Erhöhung der Wasser- und Abwassergebühren. Der Vorwurf: Jung habe das Gremium nicht ausreichend über die Konsequenzen informiert, die ein Nein zur Erhöhung nach sich gezogen hätte. Hatte sich das Gremium Ende August noch gegen höhere Gebühren ausgesprochen, wurde Mitte September zähneknirschend doch der Weg dafür frei gemacht. Der Trinkwasserpreis kletterte von 1,67 auf 1,81 Euro, der für Abwasser von 3,98 auf 4,03 pro Kubikmeter.
Der Meinungsumschwung kam zustande, nachdem der Wasser- und Abwasserzweckverband Mittelgraben gedroht hatte, eine Umlage von einer halben Million Euro von der Gemeinde Michendorf zu erheben, um die Pleite abzuwenden. Erläutert wurde das Dilemma im WAZV-Vorstand, Jung ist Mitglied. Eine schriftliche Stellungnahme dazu war den Gemeindevertretern Ende August zugegangen. Vier Tage später verpflichteten die Michendorfer trotzdem ihre Verbandsvertreter, die Gebührenerhöhung abzulehnen. Der Bindungsbeschluss wurde im September wieder aufgehoben.
„Ich hätte die Folgen noch einmal deutlicher zusammenfassen können“, räumte Jung am Montagabend ein. Sie verwies in einer schriftlichen Stellungnahme aber auch auf die Diskussion in der damaligen Sitzung: Einzelne Abgeordnete hätten deutlich auf die Konsequenzen einer Gebührennullrunde hingewiesen. Tatsächlich hatte Verbands- und Gemeindevertreter Eckhard Reinkensmeier (SPD) Liquiditätsprobleme prophezeit und Andree Halpap (Grüne) von einer drohenden Umlage gesprochen. Andere hatten das Schreiben des WAZV wütend als „Drohung“ und „Erpressung“ kritisiert. Jung: „Wäre ich da aufgestanden und hätte gegen den Bindungsbeschluss gesprochen - wären sie mir da gefolgt?“
Das hätte man allerdings, hielt Peter Pilling (Linke) dagegen, der die Missbilligung mit den Fraktionen CDU, UWG/FBL und SPD auf den Weg gebracht hatte. „Der Beschluss wäre so nicht gefasst worden“, sagte er. Ziel der Missbilligung sei es, die Basis für eine bessere Zusammenarbeit zu legen, so Pilling. Als „Eintrag ins Klassenbuch“ bezeichnete Ulrike Wunderlich (Grüne) den Antrag spöttisch. Ihre Fraktion stimmte geschlossen dagegen. „Es wäre unfair zu sagen: Da sitzt die Schuldige“, so Andree Halpap, „wir haben uns alle nicht mit Ruhm bekleckert.“ Auch einzelne Abgeordnete der anderen Fraktionen waren gegen den Rüffel. Der fraktionslose Carsten Kumke bemerkte: „Fast alle Fraktionen haben Vertreter im Verband – die haben genauso Bescheid gewusst.“
Die vier Verbandsvertreter sollen nun regelmäßig aus der WAZV-Versammlung berichten. Auch im Verband selbst müsse „eindeutig was passieren“, so CDU-Fraktionschefin Marion Baltzer. Schon vor Wochen hatte sie gefragt, was die Mittelmärkische Wasser- und Abwasser GmbH als geschäftsführendes Unternehmen unternommen hat, um die Gebührenerhöhung zu vermeiden. Eine Antwort blieb aus. Demnächst soll ein Gutachter die Bilanzen prüfen. Und auf den wartet offenbar viel Arbeit, denn wie Bürgermeisterin Jung einräumte, liege nicht einmal der Gesellschaftervertrag in der Gemeinde vor. Thomas Lähns
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