
© Sebastian Gabsch
Angebot für Eltern in Werder (Havel): Büro und Kita in einem
Im Eltern-Kind-Büro in Werder sollen Mütter und Väter gleichzeitig arbeiten und sich um ihren Nachwuchs kümmern können.
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Werder (Havel) - Die vierjährige Hanna-Lene nimmt sich ein paar Stifte und ein Blatt Papier und fängt an etwas zu malen, das einer Blumenwiese ähnlich sieht. Ihre Mutter Grit Hübener beantwortet derweil ein paar E-Mails auf dem Laptop. In dem von ihr gegründeten Eltern-Kind-Büro in Werder sollen Mütter und Väter ab dem 1. Juli beides gleichzeitig können: Arbeiten und für den Nachwuchs da sein.
Die Einrichtung des gemeinnützigen Vereins Rockzipfel war bisher seit Mitte 2014 in Potsdam angesiedelt. Das Ziel Hübeners ist es, Eltern mehr Wahlfreiheit bezüglich des Betreuungsmodells für ihre Kinder zu ermöglichen. „Kinder lösen sich erst im Alter von drei bis vier Jahren selbstständig von den Eltern und möchten eigene Wege gehen“, so die ehemalige Journalistin, die ihre Festanstellung wegen zu langer Arbeitszeiten aufgab, um mehr Anteil am Leben ihrer Tochter haben zu können. Heute arbeitet die Alleinerziehende als freie Autorin, kann ihre Arbeitszeiten somit selbst bestimmen. Ins Eltern-Kind-Büro in Potsdam kamen Selbstständige, Architektinnen, Doktorandinnen sowie auch Frauen, die sich während ihrer Elternzeit beruflich neu orientieren wollten. „Bisher tatsächlich hauptsächlich Frauen, obwohl wir Väter ausdrücklich einladen“, sagt Hübener.
Spiel- und Schlafzimmer für die Kinder - und Schreibtische für die Eltern
Betreuungsunterstützung bekamen die Mütter von ehrenamtlichen Studenten und Schülern. „Die Aufsichtspflicht jedoch bleibt bei den Eltern“, betont Hübener. Dadurch, dass viele Elternteile auf einmal anwesend sind, verteile sich diese Pflicht allerdings besser. In den neuen Räumen in Werder gibt es neben einem Büroraum auch ein Spiel- und zwei Schlafzimmer für die Kinder, jeweils mit Schreibtisch für die Eltern. Und im Sommer könnten die sich auch ein schattiges Plätzchen im weitläufigen Garten suchen, um zu arbeiten, so Hübener. Geöffnet sein soll das Eltern-Kind-Büro montags bis donnerstags zwischen 9 und 16 Uhr.
Zeitweise wurden am Potsdamer Standort im Stadtpalais elf Kinder betreut, die Eltern zahlten pro Monat 160 Euro und bekamen dafür einen Schreibtischplatz inklusive Büromaterial und W-Lan-Verbindung – dieselben Preise sollen auch in Werder gelten. In weniger guten Zeiten jedoch waren es in Potsdam nur zwei oder drei zahlende Nutzer. Zuletzt seien Vereinsarbeit und Büroleitung ausschließlich an ihr hängengeblieben, so Hübener. Sie habe den Mietvertrag kündigen müssen, da sie die Einrichtung weder finanziell noch von ihren persönlichen Ressourcen her weiter stemmen konnte. Da sie in Werder wohnt, ging sie dort auf die Suche nach einer geeigneten Immobilie: „Hier bin ich schneller vor Ort und habe mehr Unterstützung.“
Im Haus des Vereins Katholischer Familientreff „Maria am See“, Am Plessower See 25, fand das Eltern-Kind-Büro nun eine neue Heimat. „Unsere beiden Einrichtungen passen gut zueinander“, sagt Micaela Bals, die den Verein gemeinsam mit ihrem Mann leitet. Hübener und das Ehepaar Bals kennen sich seit Jahren. Als die Rockzipfel-Vorsitzende Hansjürgen Bals zufällig auf einer Veranstaltung traf, machte er ihr das Angebot, mit dem Eltern-Kind-Büro in leerstehende Räume des Familientreffs zu ziehen.
Drei weitere Elternteile werden noch gesucht
Hübener muss im ersten Jahr sogar nur die Hälfte der eigentlichen Miete zahlen. Über diese Unterstützung sei sie überglücklich, sagt Hübener, zumal das Haus über eine rund 2000 Quadratmeter große Außenfläche verfügt und sich so auch ideal zum Draußenspielen eignet. Nach aktuellem Stand bräuchte Hübener nur noch drei Elternteile, die das Büro nutzen möchten, damit die Einrichtung es durch das erste Jahr schafft. Bisher hat sich bereits eine Mutter gemeldet. „Leider kann ich ihr aber noch keine Zusage geben, solange sich nicht mindestens zwei weitere finden“, so Hübener.
Doch die 43-Jährige ist weit davon entfernt aufzugeben: „Bis Ende des Jahres werde ich auf jeden Fall durchhalten.“ Nebenher bemüht sie sich um weitere Anschubfinanzierungen und um Mitglieder für einen Förderverein. Auch an die Stadt Werder wolle sie sich wenden, so Hübener. „Immerhin fehlen in Werder 145 Kita-Plätze“, sagt sie. „Ich kann mir darum vorstellen, dass ein solches Projekt hier Unterstützung erfährt.“ In Potsdam hatte sie zuvor ebenfalls um finanzielle Hilfe gebeten. Diese wurde aber verweigert – mit der Begründung, es handele sich nicht um eine Betreuungseinrichtung, sondern um nachbarschaftliche Hilfe.
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