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Potsdam-Mittelmark: Camping im Wandel

Auf der Riegelspitze in Werder wird seit 1962 gezeltet – Heidrun Kinkel ist seit den Anfängen dabei

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Werder (Havel) - Ein dutzend Zelte und vier Trabbis auf dem sonst leeren Parkplatz das zeigt die Aufnahme in Schwarzweiß. Wohnwagen, Motorboote, moderne Bungalows, gekachelte Badezimmer das ist auf den neuen Farbfotos zu sehen. Man glaubt es kaum, doch beide Aufnahmen zeigen den gleichen Ort: Den Campingplatz Riegelspitze. Dazwischen liegen über 45 Jahre Geschichte, die Wende und unzählige Erinnerungen, die die Besucher von hier mitnahmen.

Seit seiner Gründung 1962 hat das Erholungsgebiet viele Veränderungen erlebt. Die Geschichte der Riegelspitze war turbulent, hatte aber stets zwei Konstanten: Das immerwährende Streben nach Fortschritt und die Frau, die das verwirklichte – Heidrun Kinkel. 1972 bewarb sie sich in der Bibliothek von Werder. Die Stelle war aber besetzt, und so übernahm Kinkel stattdessen die Verwaltung des Campingplatzes. Vorübergehend, bis der Posten in der Bibliothek frei wird. Daraus wurden 36 Jahre.

Im Hotel zur Insel lässt Kinkel nun die Geschichte des Campingplatzes Riegelspitze wieder aufleben. Der Heimatverein Werder hatte sie eingeladen, denn niemand kennt die Vergangenheit des Erholungsgebiets so gut wie sie. Kinkel erinnert sich gut an die Anfänge. Begleitet von einer Powerpoint-Präsentation, erzählt sie über separate Intercampingplätze für Gäste aus dem kapitalistischen Ausland, als der Erholungsort noch zur DDR gehörte. Sie spricht von Sandwegen, die heute Asphalt sind und von Zeiten, als man Trinkwasser mit dem Eimer aus dem Container holte und es keine Duschen gab. Trotzdem sei der Campingplatz sehr begehrt gewesen. Zwei Jahre im Voraus mussten sich die Camper anmelden, um hier Urlaub machen zu dürfen. Oft glühte bei Kinkel deshalb die Leitung: Gäste bettelten um ein freies Plätzchen, doch sie war machtlos, die Stellen wurden von den Betrieben vergeben.

Nach dem Mauerfall kam auch die Wende für das Erholungsgebiet. Einerseits brachte die Wiedervereinigung Massen von neuen Besuchern mit sich, anderseits ging die Anzahl der Übernachtungen drastisch zurück. Die neuen Gäste bleiben nur wenige Tage. Sie sahen sich die Sehenswürdigkeiten in Berlin und Potsdam an und gingen wieder fort. 1992 entschied deshalb die Stadt Werder, dass das Erholungsgebiet nicht mehr rentabel ist. Kinkel nahm ihren ganzen Mut zusammen, machte sich selbstständig und wurde 1993 die Pächterin des Campingplatzes.

Eins war klar: Wenn die Riegelspitze an ihre Erfolgsgeschichte in der DDR anknüpfen wollte, durfte man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Über 2,5 Millionen Euro wurden in Modernisierung, Sanierung und Verschönerung investiert. Unter anderem wurde ein Behindertenbad eingebaut und das Mehrzweckgebäude zur Gaststätte umfunktioniert. Die Mühen lohnten sich: 9000 Besucher hat der Campingplatz nun jährlich, wenn man die 120 Dauercamper nicht mitrechnet. 2003 wurde der Campingplatz mit vier Sternen ausgezeichnet, die 2007 verteidigt werden konnten. Im selben Jahr wurden gleich drei Jahrestage gefeiert: 45 Jahre Erholungsgebiet Riegelspitze, 35 Jahre Betriebsleitung von Heidrun Kinkel und 15 Jahre Selbstständigkeit.

Mit dem Erreichten gibt man sich aber lange noch nicht zufrieden. Vor wenigen Wochen wurde der neue Bootssteg eröffnet, im Juli folgt die umweltfreundlich sanitäre Anlage. Im Sommer 2009 wird Kinkels Tochter Fanny die Leitung übernehmen, und auch sie hat schon ehrgeizige Pläne. Nach weiteren Sternen will sie jedoch nicht greifen, vier seien genug. Das Wichtigste sei, dass die Leute sich wohl fühlen, dann kommen sie immer wieder zurück. Diese Rechnung geht auf: Manch einer ist schon seit dem ersten Jahr dabei.

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