KulTOUR: Caputher Schlossnacht mit „Lücke“
Vierte Auflage: Statt Angebotsdichte bewusst minimalistischer Hintergrund
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Schwielowsee - Im zehnten Jahr seiner Wiedergeburt wird das Schloss Caputh durch seine besonderen Offerten immer wichtiger. Die Ehe mit den „Caputher Musiken“ ist fruchtbar. Es gab eine Fülle von Veranstaltungen, aber das Krönchen von allem ist und bleibt die Schlossnacht. „Nicht mehr zu toppen“ nannte Kastellanin Petra Reichelt die bisherigen drei im Fußball-Neudeutsch. Sie waren mehr der Vergangenheit gewidmet, mal Mini-Oper, mal das Extrakonzert, Klassik, Barock, Feuerwerk – großer Erfolg.
Die vierte Auflage drehte dieses Konzept einmal um, man war gebeten, die churfürstlichen Gaben aus der Sicht der Moderne zu nehmen. Der Rahmen hält: Zweijähriger Turnus, dreihundert Besucher, Kunst der besonderen Art, Exklusiv-Buffet, alles klein und sehr fein. Schloss und Park sollten stets im Vordergrund sein, nicht zuerst „die Kultur“.
Das wurde so auch angenommen, unter Dach oder Wipfel standen viele dienstbare Geister bereit, Führungen anzubieten oder Auskunft zu geben. Zwei größere Musikbeiträge und einige im Park versteckte Extras formten den auf drei Stunden limitierten Abend – Zeit genug zum Hören, Schauen, Wandeln. Man hatte „die Lücke“ gesucht, da es einst Kritik – wegen zu großer Angebotsdichte gab. Alles ging auf.
Die einen erkundeten Dorotheas Domizil, andere sahen bei der Goslich vorbei, wieder andere durchstreiften den Park, wo man, klar, die moderne Kunst „versteckt“ hatte. Reinweiße, auf den Kopf gestellte Schirme in kunstvoller Gestaltung etwa oberhalb des Kavalierhauses, die durch originelle Toncollagen miteinander schwatzten und im Dunkeln wie Blumen der Unschuld aussahen. Eine Arbeit von Petra Töppe-Zenker und Falk Zenker aus Weimar. Im alten Obstgarten waren „Weiße Schalen“ aus Reispapier auf Bambusstäbe gestellt. In der Finsternis dieser sternschnuppenreichen Neumondnacht leuchteten Glasfaserstäbe in verschiedenem Pastell aus ihnen. Edith Wittich hat sie erdacht, toll. Sie gehört zur Künstlergruppe Iwan, welche am Wasser das Goldene Vlies von Kolchis suchte. Die meterhohen Plastikbahnen in ihrer archaischen Bemalung waren aber nur im Hellen zu schauen, sie wurden nicht extra beleuchtet.
Wie diese Schlossnacht, so war auch das musikalische Programm ganz auf „Minimalismus“ gesetzt. „Satie – danses poétiques“ eröffnete als Hommage auf den Franzosen und seine berühmten „Gymnopédies“. Die Bewegungen der Tänzerinnen Beate Gatscha (Konzept, Choreographie) und Madlen Werner waren zwar sehr anmutig, aber wer hätte hier schon „indisch“ verstanden? Gert Anklam (Saxophone, Sheng), Holger Mantey (Piano) und Uli Moritz (Perkussion) spielten und variierten Eric Satie mit aller Vorsicht. Gebremste Moderne – großer Applaus.
Das Saxophon-Quartett Clair Obscur schloss den Abend mit brillanten Arrangements neuerer Minimalisten wie Michael Nyman und Philip Glass ab, nicht jedermanns Sache, die meisten blieben, sie wurden durch einen hervorragenden Musizierstil und exzellente Klangbilder belohnt. Jan Schulte-Bunert, Maike Krullmann, Christoph Enzel und Kathi Wagner bedienten die ganze Instrumentenfamilie auf kunstvollste Art.
Und doch werden, pardon, die „Verdeckten Parallelen“ der Berliner Künstler Roswitha van den Driesch und Jens-Uwe Dyffort in besonderer Erinnerung bleiben. Wo der Park am dunkelsten ist, hörte der einsame Wanderer einen Grammolo-Dialog aus den Bäumen. Krähen, Schafe, es können auch Geister gewesen sein – irre. Ohne Pomp und Gloria sollte die Vierte ausklingen, Feuerwerk gibt es eh schon genug. Also entließ man zum Abschied chinesische Himmelslaternen in die Nacht. Das genügte, die von der Moderne entfachte Phantasie fügte den Rest zu einem vollkommenen Ganzen. So nützlich kann eine „Lücke“ sein.
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