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Potsdam-Mittelmark: Damit die Arbeit im Ort bleibt

3. Unternehmerstammtisch mit Wirtschaftsminister in Caputh

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Schwielowsee - Gespannt blicken die Handwerksbetriebe am Schwielowsee auf den Landtag. Momentan wird dort das Gesetz zur Förderung des Mittelstandes nach einer Neuausrichtung durch die Regierung diskutiert. Demnach soll es Kommunen erleichtert werden, öffentliche Aufträge an ortsansässige Unternehmen zu vergeben. Wie es möglich sein wird, dass die Arbeit im Ort bleibt, obwohl auswärtige Handwerker vielleicht billiger bauen, verriet Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) am Mittwoch beim dritten Unternehmerstammtisch in Caputh.

Die Vergabe sollte sich nicht mehr am niedrigsten Preis orientieren, so die Meinung, der sich jetzt auch die Koalition angeschlossen hat, denn dies führe zu Preisdumping. Die Kommunen haben das Problem zwar längst erkannt, sehen sich durch das Landesrecht, den wachsamen Blick der Kommunalaufsicht und nicht zuletzt durch die öffentliche Meinung aber bislang zu eben dieser Vergabepraxis gezwungen. Das soll sich ändern: Wer mit seinem Angebot mehr als zehn Prozent unter dem Preis der anderen Bewerber liegt, soll künftig nachweisen, wie er das leisten will. Die Kommunen können dann - auch mit fachlicher Beratung - bewerten, ob dies real ist und das Angebot gegebenenfalls ablehnen.

Ferner sollten schon in der Ausschreibung Kriterien festgelegt und gewichtet werden: Neben dem Preis könnten dann auch Material, Service und Erreichbarkeit eine Rolle spielen, so Junghanns. „Man muss das Ehrgefühl der Handwerker beachten: Ein ortsansässiger Unternehmer baut mit mehr Sorgfalt und Stolz.“ Und sollte sich eine Verwaltung für eine örtliche Firma entscheiden, müsse ihr seitens des Kommunalparlamentes der Rücken gestärkt werden.

Eine weitere Perspektive zeigte die Landtagsabgeordnete und mittelmärkische CDU-Chefin Saskia Funck auf: Die Union habe jetzt einen Antrag in den Landtag eingebracht, demzufolge die Grenze für freihändige Vergaben von 5000 Euro Volumen auf 15 000 Euro und für beschränkte Ausschreibungen von 100 000 auf 150 000 Euro angehoben werden soll. Der Minister mahnte aber zur Vorsicht: Wenn Mitarbeiter der Verwaltung dafür bei Betrieben anfragen, müssten sie vorher einheitliche Kriterien festlegen und fair sein. Es gebe zahlreiche Negativbeispiele: „Momentan läuft das bei manchen sehr unkoordiniert - da wird hier und dort mal angefragt und am Ende bekommen die Unternehmen nicht einmal Bescheid, dass sie den Auftrag nicht erhalten haben.“ Junghanns sprach auch von „Alibi-Anfragen“, kurze Telefonate, nur damit Verwalter ein bestimmtes Pensum erfüllt haben.

Und schon war man beim Dauerbrenner angelangt: Bürokratie in der Verwaltung. Als Paradebeispiel wird immer wieder das Bauamt des Landkreises angeführt. „Darüber bekommen wir ständig Beschwerden“, räumte Saskia Funck ein. Der Caputher Fährmann Carsten Grunow konnte sogleich aus eigener Erfahrung berichten: Er möchte seine ausgediente Fähre (Baujahr 1942) gern als Technikdenkmal restaurieren und auf dem Trockenen zwischen Caputher Gemünde und Bahn stationieren, „immerhin hatte sie bis 1998 gute Dienste geleistet". Die Gemeinde will ihm dafür auch das Gründstück verpachten. Doch in Belzig war man sofort der Auffassung, dass so etwas nicht in ein Landschaftsschutzgebiet passe, hat die Fähre aber andererseits unter Denkmalschutz gestellt. Nach Monaten kam die Ablehnung seiner Bauvoranfrage. Nachdem sich Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) für das Projekt stark gemacht hatte, habe es ein Einlenken gegeben, Grunow musste allerdings einen kompletten Bauantrag mit Statik-Bericht einreichen. Die Bearbeitung dauert noch an – neben seinen Nerven koste ihn dieses Prozedere auch viel Geld, so der Unternehmer. „Die Fähre ist auf dem Wasser nicht gesunken – was soll ihr zu Lande passieren?“, so der Kreistagsabgeordnete Heiko Hüller (FDP).

Von einem „Sport“ war die Rede, wie man Antragsstellern das Leben schwer machen kann. „Die Gesetze werden grundsätzlich gegen die Bürger ausgelegt“, so Saskia Funck. Es sei schwer, diesen schweren Dampfer auf einen anderen Kurs zu bringen. Wolfgang König, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, vermutete, dass solche Sachbearbeiter einfach Angst um ihren Arbeitsplatz hätten und daher auf Nummer sicher gehen würden.Thomas Lähns

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