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Ab August wieder Vollzeit im Amt. Die Blütentherme ist für Werner Große jetzt das entscheidende Thema.

© hkx

Interview mit Werner Große: „Das Entscheidende ist die Blütentherme“

Bürgermeister Werner Große über die überstandene Auszeit, Werders neues Bad und Projekte, die er noch auf den Weg bringen will

Stand:

Sie waren bis September 2012 fast ohne Fehlzeiten als Bürgermeisters tätig und dafür bekannt, deutlich über 100 Prozent zu leisten. Ab August kehren Sie nach erfolgreicher Krebstherapie und dem Hamburger Modell wieder Vollzeit ins Rathaus zurück. Sie sind offen mit der erzwungenen Auszeit umgegangen. Hat sich ihr Blick auf Ihre Tätigkeit als Rathauschef verändert?

Wenn man so was hat, überlegt man natürlich schon anders. Man sagt sich: Du bist noch mal davongekommen aber du musst auch damit leben, dass nicht mehr alles so wie früher funktioniert. Man kann vielleicht nicht mehr zu jedem Wochenendtermin gehen und dafür gibt es auch Verständnis. Es weiß ja jeder, dass das nicht einfach wegzustecken ist. Die normale Arbeit läuft jetzt natürlich weiter. Wir haben hier im Rathaus zum Glück gute Mitarbeiter, auf die man sich verlassen kann. Die haben auch in meiner Abwesenheit einen ordentlichen Job gemacht. Ich habe ja die ganze Zeit verfolgt, was in Werder passiert.

Werner Große ist seit 1990 Bürgermeister von Werder. Er gehört zu den populärsten CDU-Politikern im Land Brandenburg. 2010 wurde Große mit 81,77 Prozent  der Stimmen in seine vierte Amtszeit gewählt. Im September 2012 wurde nach einer verschleppten Lungenentzündung Lungenkrebs bei Große diagnostiziert. Der 63-Jährige ist offen damit umgegangen. Nach einer Operation und einer Chemotherapie ist Werner Große im Mai wieder mit dem Hamburger Modell ins Rathaus zurückgekehrt. Ab August wird er wieder Vollzeit arbeiten. (hkx)

Sie werden im November 64 und haben an sich noch fünf Jahre Amtszeit vor sich. Es wird manchmal behauptet, dass Sie mit 65 in Rente gehen. Was haben Sie sich für die verbleibende Zeit vorgenommen?

Das Entscheidende ist, dass die Blütentherme fertig wird. Dann müssen wir eine Lösung für die Brauchwasserversorgung finden, damit die Obstbauern auf der Glindower Platte weiter versorgt sind. Dann sind wir fast mit unseren Baulandflächen am Ende. Wenn Sie durch die Havelauen fahren, sehen Sie ja, dass es kaum noch Grundstücke für Einfamilienhäuser gibt. Das Kasernenareal ist auch in Arbeit und wir müssen gucken, wo man sonst noch noch Flächen ausweisen kann. Der Zuzug geht weiter.

Lässt der Druck nicht nach?

Er nimmt zu und für die Stadt ist das ein Stück Zukunftsicherung. Die Leute möchten gern nach Werder, weil die Verkehrsanbindungen und die Infrastruktur gut sind. Die Prophezeiungen der Statistiker, dass die Einwohnerzahl sinkt, ist zum Glück nicht eingetroffen. Aus dem Zensus sind wir sogar mit 100 Einwohnern mehr rausgekommen. Damit ist die langjährige Differenz zwischen Landesstatistik und unserer Statistik endlich mal geklärt worden, zu unseren Gunsten.

Wenn man über neue Bauflächen nachdenkt, kommt man an allen Grenzen der Stadt mit dem Landschafts- oder Naturschutz in Konflikt. Sehen Sie da noch Kapazitäten in Größenordungen?

Wir haben noch ein paar Potenziale, zum Beispiel in der Innenstadt im Bereich Wachtelwinkel. Da gibt es noch sehr viele freie Grundstücke und die Ergänzung mitten in der Stadt wäre optimal. Dann bestehen auf der Jugendhöhe am Standort der alten Kita noch Möglichkeiten. In den Ortsteilen gibt es nicht die Masse, aber hier und da sind auch noch Flächen frei. Sicher, irgendwann kommt man an seine Grenzen. Für Werder sind das sicherlich 25- bis 27 000 Einwohner.

Was die Blütentherme angeht, gibt es eine gewisse Unschärfe zum Eröffungstermin. Sie hatten zuletzt im Juni erklärt, dass es bei der Eröffnung im September bleibt. Danach hatte der Aufsichtsratschef der Kristall Bäder AG erklärt, dass es Oktober wird. Inzwischen ließ der Bauleiter verlauten, dass es bis Jahresende dauern wird. Wie ist denn Ihr heutiger Kenntnisstand?

Der letzte Kenntnisstand ist, dass das Jahresende eher realistisch ist. Es gab ja noch Verzögerungen, weil die Betonwerke in Magdeburg beim Hochwasser abgesoffen sind. Man ist vielleicht auch etwas zu optimistisch an die Bauzeitenfrage rangegangen. Man muss wohl mindestens zwanzig Monate Bauzeit einkalkulieren für eine solche Therme. Es ist kein Nullachtfuffzehn-Bauwerk, das da hingesetzt wird. Ende August ist jetzt das Richtfest anvisiert. Also, es wird.

Zumindest wird Werder eher fertig als Potsdam. Das Bad am Brauhausberg soll im Oktober 2015 eröffnen und soll nun 30 Millionen Euro kosten. Mit Sportbahn und Freizeit- und Saunabereichen wird man der Blütentherme Werder etwas entgegenzusetzen haben, die 18 Millionen Euro kosten wird. Werden sich die Bäder wehtun?

Der Sportbereich steht bei uns nicht im Vordergrund und es gibt eine Klientel, die darauf großen Wert legt. Auch der Wellnessbereich in Potsdam wird wahrscheinlich sehr stark sein. Das Land hat schon seit Jahren vor neuen Thermen gewarnt, weil das alles viel zu viel sei. Der Kristalltherme in Ludwigsfelde wurden keine Hoffnungen gemacht, und die hat jetzt jedes Jahr 600 000 Besucher. Aus meiner Sicht gibt es genug Potenzial für schöne neue Thermen und für die Leute ist es doch nicht schlecht, wenn sie wählen können. Die Bäder in Potsdam und Werder werden sich nicht ins Gehege kommen, sie werden sich durch unterschiedliche Konzepte ergänzen.

Sie hatten angesprochen, dass sich die Havelauen insgesamt gut entwickeln. Nachdem im Norden das Gewerbegebiet und die Eigenheimsiedlung entstanden sind, folgen im Süden ein Einkaufszentrum, Eigentumswohnungen und Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen um die Therme. Die Stadt hat mit der verbindenden Brücke über den Stichhafen noch eine Bringepflicht. Wie ist da der Stand?

Wir haben einen Förderantrag gestellt und hoffen, dass der bewilligt wird. Anders als früher ist nur noch eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer geplant, nicht für Autos. Wir bauen jetzt einen Geh- und Radweg vom Bahnhof bis zur Therme, der ist dann an die Brücke angeschlossen. Das wird auch eine Superanbindung an den Havelradweg. Es sah zeitweise so trostlos in den Havelauen aus, dass wir dachten, wir werden die Brücke nicht mehr brauchen. Jetzt brummt es und es stellt sich manches anders dar als vor fünfzehn Jahren.

Sie haben das Brauchwasserproblem als eines angesprochen, das Sie noch lösen wollen. Die Obstplantagen und viele Glindower Freizeitgärtner werden seit Jahrzehnten über ein inzwischen sanierungsbedürftiges Pumpwerk und ein hinfälliges Netz mit Havelwasser versorgt. Variante eins lautet, für viel Geld das ganze Netz zu sanieren. Die andere Variante lautet, das Netz nur im Kern zu erhalten und nur die Betriebe zu versorgen, für die es keine Alternative gibt. Wie sieht die Lösung aus?

Wir haben einen sehr hohen Sanierungsbedarf und bei jeder Straßenbaumaßnahme in Glindow kommt jetzt die Frage auf, ob man die Brauchwasserleitungen erhält. An der Preisspirale kann man nicht unbegrenzt drehen, wir haben jetzt schon etliche Abmeldungen aus dem privaten Bereich. Demgegenüber kann nun nicht der Steuerzahler die Bewässerung von privaten Vorgärten subventionieren, die Kommunalaufsicht hat sich auch schon gemeldet. Natürlich ist Brauchwasser nicht schlecht, hat durch seine Temperatur Vorteile und einen hohen Nährstoffgehalt. Die gewerblichen Obstbauern sind darauf angewiesen, weil sie auf der Glindower Platte keine Brunnen bohren dürfen. Das Wasser ist ausbilanziert, wenn wir die Versorgung dort einstellen, ist der Obstbau tot. Es wird auf die Kernvariante hinauslaufen.

Das ist dann aber voraussichtlich auch eine Subvention.

Da hängt zum Teil der Tourismus dran und deshalb ist es in einem gewissen Umfang vertretbar, das zu subventionieren. Jedes Jahr 100 000 Euro für Reparaturen reinzubuttern, ohne das investiert wird, kann man aber niemandem mehr erklären. Wir müssen schauen, wie es wirtschaftlich für die Stadt noch einigermaßen darstellbar ist. Ob das für die Obstbauern komplett vom Brauchwasserwerk aus weiterlaufen kann oder ob man außerhalb des Trinkwasserschutzgebiets einen Brunnen bohrt, werden wir bis Herbst klären, sodass 2015 dann was passiert.

Die Bismarckhöhe ist eines der Großprojekte, die Sie mal auf die Agenda gesetzt haben. Wie weit können Sie in Ihrer Amtszeit da noch kommen?

Das Problem ist, dass der kleine Saal als ganzjährige Gaststätte fehlt. Der sanierte Große Saal wird gut gebucht, das hat wegen der Lärmbelästigung auch seine Grenzen. Was war vor zehn Jahren, als wir die Bismarckhöhe gekauft hatten, die Alternative? Wir hätten sie weiter verfallen lassen können, in ein paar Hundert Jahren hätten Archäologen dann alles wieder ausgebuddelt. Wie haben gesagt, der Standort hat eine besondere Bedeutung für die Stadt. Mit der Bismackhöhe ging die Entwicklung von Werder erst richtig los. Da hat man als Stadt eine gewisse Verantwortung, und der Saal gehört jetzt unstrittig zu den schönsten in Brandenburg.

Was passiert in näherer Zukunft?

2014 steht mit dem Start des Christian-Morgenstern-Museums und dem Morgenstern-Jubiläumsjahr ein großes Event bevor. Als Stadt nun noch eine Kneipe zu bauen, geht aber nicht. Wir hoffen, dass jemand kommt, der den Ausblick von da oben zu schätzen weiß und sagt: Das wäre was. Man könnte noch einen kleinen Hotelbetrieb ranhängen und etwas dazubauen. Aber der Prinz aus Kuwait war noch nicht da.

Wir haben viel über den Widerstand gegen den Bliesendorfer Windpark berichtet und man hat den Eindruck, die Bliesendorfer haben jetzt erst ihren wertvollen Wald vor der Haustür entdeckt. Sie gelten auch als Gegner des Projektes. Wie ist der Stand?

Der Bliesendorfer Windpark wird nicht ganz zu verhindern sein, wenn wir nicht doch noch den Juchtenkäfer finden. Zurzeit sieht es nicht danach aus. Der Windpark wird sich aber wahrscheinlich etwas reduzieren in der Größe und mehr hinter die Autobahn rücken. Es ist ja unstrittig, dass wir den Ökostrom brauchen. Aber es wird sehr kleinteilig gedacht in Brandenburg. Jede Gemeinde muss jetzt Windanlagen nachweisen. Dabei gibt es genug Flächen, wo die Dinger, die ja inzwischen 200 Meter hoch sind, keinen stören. An den früheren Tagebauen geht das zum Beispiel besser als in unseren dicht besiedelten Bereichen.

Letzte Frage: Gehen Sie mit 65 in Pension?

(lacht) Das möchten Sie jetzt wissen. Ich habe da noch keinen Plan gemacht, das wird sich dann ergeben.

Das Interview führte Henry Klix

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