Potsdam-Mittelmark: „Das geht bei uns alles ein bisschen schlanker“
Erstmals übernimmt ein Privatunternehmen vier Rettungswachen im Kreis – Promedica-Geschäftsführer Ingo Lender sieht Vorteile
Stand:
Im Ergebnis eines Ausschreibungsverfahrens soll die „Promedica Rettungsdienste GmbH“ ab 1. Januar 2009 die Rettungswachen in Werder (Havel), Groß Kreutz, Lehnin und Bollmannsruh übernehmen. Sie werden damit das erste Privatunternehmen sein, das in Brandenburg Rettungswachen betreibt. Was unterscheidet die Promedica-Gruppe von sozialen und kirchlichen Trägern, die sich dieser Aufgabe widmen?
Man könnte so ähnlich fragen, was die heutige Telekom von der Telekom von 1984 unterscheidet. Ein Privatunternehmen ist keine Behörde, zeichnet sich durch eine ganz andere Flexibilität aus und dadurch, dass der Unternehmer ein persönliches Interesse am Unternehmenserfolg hat. Das ist etwas anderes als eine große Organisation, in der zwangsläufig auch eine gewisse Anonymität besteht. Ich denke, das geht bei uns alles ein bisschen direkter, persönlicher und schlanker – und zuweilen sicher auch etwas effektiver.
Die kirchlichen und sozialen Träger sind angehalten, ihre Gewinne in ihren Unternehmen einzusetzen und damit die eigenen Strukturen zu stärken. Was macht Sie gegenüber dieser Verfahrensweise denn wirtschaftlicher?
Die genauere Betrachtung der Gewinne auch bei anderen Organisationen lässt doch immer wieder deutlich werden, dass es sich auch dabei um Wirtschaftsunternehmen handelt. Der Anstrich, der sich da gegeben wird, hält einer ehrlichen Prüfung oft nicht stand. Aber unabhängig davon, was andere tun, macht uns auf keinen Fall effektiver, dass wir beim Personaleinsatz sparen. Wir würden nie erfolgreich sein, wenn wir unsere Mitarbeiter nicht mit im Boot hätten. Wir haben allerdings tatsächlich eine sehr schlanke und zentrale Hauptverwaltung in Westerholt und machen mit wenigen Leuten einen Riesenjob für 15 Stationen in Deutschland. Gerade dieser Overhead macht uns wettbewerbsfähig.
Die Diskussion in Potsdam-Mittelmark zur Neuvergabe der Rettungswachen ist ja vor allem von der Furcht vor empfindlichen Lohneinbußen getragen. Die 21 Malteser-Mitarbeiter in Werder werden derzeit nach einem kirchlichen Tarifvertrag mit Verdi, der „AVR Caritas“, bezahlt. Wenn es nach einem Jahr Bestandssicherung damit vorbei ist, was haben die Rettungssanitäter und Rettungsassistenten in Werder von Ihnen zu erwarten?
Wir haben im Zuge des Ausschreibungsverfahrens ein Angebot für fünf Jahre abgegeben und wir haben dort keineswegs eine Lohnsituation vorgeschlagen, die in zwei oder drei Jahren nach unten zeigt. Wir leben doch davon, dass wir vernünftig engagierte Mitarbeiter haben, die hinter dem Laden stehen. Wenn ich denen nach einem Jahr ins Portmonee greife, was passiert denn dann wohl: Es hagelt Krankschreibungen und Beschwerden, ich stehe wahrscheinlich in der Zeitung. Das kann sich ein Unternehmen wie meines nicht leisten. In Sachsen sind derzeit 30 Rettungswachen in der Ausschreibung, wir sind an allen beteiligt. Wir können uns nicht erlauben, so eine Realität zu schaffen, auch wenn es von den Krankenkassen als Finanzier des Rettungsdienstes vielleicht gewünscht ist.
Es war ja davon die Rede, dass bei der Promedica ein Busfahrertarif gezahlt wird.
Das ist nicht richtig. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe hat einen Tarifvertrag mit Verdi. Dieser bezieht sich speziell auf Krankentransport und Rettungsdienst. Da wir dort Mitglied sind, ist das Tarifwerk bei uns anwendbar. Derzeit wird an einem Haustarifvertrag gearbeitet, wenn er Gültigkeit hat, wird er den des Gesamtverbandes ersetzen. Das Allerwichtigste ist: Unser Betriebsklima ist gut. Und ich gehe davon aus, dass alle Malteser-Mitarbeiter, die am 31. Dezember in Werder im Notfall unterwegs sind, auch ab 1. Januar für die Promedica dabei bleiben.
Sie würden also sagen, dass Rettungssanitäter und Rettungsassistent bei der Promedica zu sein ein attraktiver und gutbezahlter Job ist?
Ich würde sagen: für den Rettungsdienst normal bezahlt! Einen gut bezahlten Job hat vielleicht Herr Bsirske. Unsere Bezahlung unterscheidet sich im Ergebnis nicht vom DRK-Tarifvertrag und der AVR Caritas. Die Zeiten, wo wir 200 Bewerbungen im Haus hatten, sind ja auch vorbei. Wir haben eher Probleme, zum Beispiel in Bremen Personal zu finden. Das mag in Potsdam-Mittelmark noch anders sein.
Es gibt in Werder auch die Befürchtung, dass die 48-Stunden-Woche durch das sogenannte „opt-out“-Modell in bestimmten Wochenrhythmen auf eine tägliche Dienstzeit von über zehn Stunden ausgedehnt werden könnte.
Das lässt unser Tarifvertrag gar nicht zu, anders als zum Beispiel das Tarifwerk der Johanniter. Kein Mensch bei uns arbeitet mehr als 48 Stunden, und die sind im Rettungsdienst, der ja eine Mischung aus Bereitschafts- und Dienstzeiten ist, absolut üblich.
Die Malteser haben bei der Vergabekammer des Wirtschaftsministeriums gegen das der Promedica zugesprochene Los interveniert. Könnte das noch die Übernahme gefährden?
Da bin ich ganz entspannt, zumal das Oberlandesgericht Brandenburg diesbezüglich schon mal entschieden hat: Ein Verwaltungsverfahren, wie es in Potsdam-Mittelmark gelaufen ist, ist völlig in Ordnung. Aus meiner Sicht war die Ausschreibung des Landratsamtes mit dem Büro Orgacom absolut professionell und eben nicht allein auf die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Qualität abgehoben. Die Ausschreibungsunterlagen waren das Beste, was ich diesbezüglich jemals in der Hand hatte. Die erzielten Einsparungen sind ja auch moderat, es kochen alle nur mit Wasser.
Man könnte umgekehrt auch sagen, dass die bisherigen Anbieter nicht unwirtschaftlich gearbeitet haben.
Genau. Man hat ja bei der Ausschreibung eine Mischung aus Qualität und Preis gebildet, wobei die qualitativen Merkmale überwogen haben. Deshalb wird das Produkt, dass der Landkreis von uns bekommt, am Ende ebenfalls gut sein.
Das Interview führte Henry Klix
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