Potsdam-Mittelmark: Das große Flattern
Auf Fledermausführung durch die Glindower Alpen
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Werder (Havel) - Dämmerung fällt über die Glindower Alpen – Zeit zum Fressen für Zwergfledermaus und Abendsegler. ,,Wäre schon schön, wenn wir die Tiere heute erleben könnten“, sagt die Potsdam Fledermaus-Expertin Silke Jabczynski und geleitet eine sechsköpfige Gruppe vom Ziegeleimuseum in den Wald. Während Stechmücken die Teilnehmer umkreisen, scheinen größere Insekten für die Fledermäuse rar – denkbar ungünstige Voraussetzungen also für die erste brandenburgische „Batnight“.
Wie in Werder finden derzeit in ganz Deutschland Führungen zu den Revieren der geschickten Jäger statt. Organisiert werden die Fledermausnächte vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). ,,Wir wollen den Lebensraum dieser kleinen bedrohten Säugetiere erleben“, erklärt Organisator Kai Heinemann. Er ist Schutzgebietsbetreuer in den Glindower Alpen und beobachtet Flora und Fauna in diesem Naturschutzgebiet im Auftrag des Landesumweltamtes.
Silke Jabczynski schnallt sich einen kleinen grauen Kasten um und stöpselt das Verbindungskabel in einen noch viel kleineren Apparat – handygroß und mit Anzeigenfeld. ,,Der Empfang ist auf 45 Kiloherz eingestellt, da können wir die Rufe der Fledermäuse hören“, erklärt sie. Doch es rauscht nur. Das Gerät wandelt die ultrahohen und für Menschen unhörbaren Schallwellen um, dehnt sie, und es klingt endlich ähnlich wie beim Geigerzähler, der Atomstrahlung misst. Ein Großer Abendsegler. Etwa 20 Meter über den Köpfen zieht die Fledermausart ihre Bahnen auf der Suche nach Nachtfaltern. Nach zwei Sekunden ist das Tier wieder verschwunden. Hastig dreht sich Kai Heinemann um. Er hat über den Kleingärten eine Zwergfledermaus ausgemacht.
Silke Jabczynski aber führt die Gruppe weiter durch das sandige Grubengelände, auf dem Plateau ist die Aussicht über Werder und Potsdam bis nach Wannsee gut. Nur Fledermäuse sind nicht zu sehen. Jabczynki ist eine der wenigen selbstständigen Fledermaus-Gutachterinnen im Land. Wo gebaut wird, und wo die seltenen und bedrohten Säugetiere leben, wird sie gerufen. Das Wohl der Tiere hat Vorrang. Das gefällt nicht jedem Hausherrn. ,,Das sind doch nur Schädlinge und Ungeziefer“, gibt sie ein Beispiel von einer Begebenheit aus Michendorf. Dort hatte die betreffende Person vor einigen Wochen in seinem Haus hinter einer Holzverkleidung eine Fledermaus entdeckt und wollte sie am liebsten vernichten. Aber dem steht das Bundes-Naturschutzgesetz entgegen. Und Silke Jabczynski mit ihren Gutachten.
Während der Aufzuchtzeit im Juni dürfen Fledermäuse keinesfalls gestört werden, im Winter in Ausnahmefällen: ,,Dann darf auch abgerissen oder gefällt werden“, erläutert Jabczynki. Die starren und infolge ihres Winterschlafs abgemagerten Tiere können ,,dann im Notfall" umgesetzt werden, ,,im Grundsatz haben die Tiere aber Bleiberecht“. Auch deren Lebensrau sei geschützt.
Vom Plateau in Glindow hinab zu den Grubenlöchern auf dem Ziegeleigelände bricht die Dunkelheit ein. Der Ultraschall-Detektor rauscht eintönig weiter. Dann geht es zurück zur Datschenkolonie. Immerhin: Von den acht Arten, die in den Glindower Alpen vorkommen, sind drei zu sehen gewesen: Zwergfledermaus, Großer Abendsegler und Breitflügelfledermaus. Nach 90 Minuten sind wenigstens auch die Stechmücken nicht mehr unterwegs. Thomas Wendel
Thomas Wendel
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