
© Andreas Kermann
Ein Michelin-Stern für das Kochzimmer in Beelitz: „Das Restaurant lebt“
Nach über zwölf Jahren ist ein neuer Michelin-Stern nach Brandenburg gekommen. Der Chef des ausgezeichneten Beelitzer Kochzimmers verrät, was Weihnachten auf den Tisch sollte.
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Beelitz - Sie reservierten für zwei und kamen allein. Gaben sich unauffällig, speisten still und gaben sich erst nach dem Dessert zu erkennen. Die Tester des berühmt berüchtigten „Guide Michelin“ hat es in die Mark verschlagen – ins Beelitzer Kochzimmer. Dreimal waren sie in dem stilvoll eingerichteten Restaurant in der Beelitzer Altstadt zu Besuch. Beim letzten Mal hat es endlich geklappt. Das Kochzimmer gehört zu den Topadressen für Gourmets.
„Was hier auf den Teller kommt, ist kreative, ambitionierte Küche, wie man sie eher in Berlin erwarten würde“, steht in dem Restaurantführer. Ein Satz, der den Chef des Kochzimmers, Jörg Frankenhäuser, strahlen lässt. Über zwölf Jahre sei kein Stern mehr für eine Brandenburger Küche herausgesprungen. Um die begehrte Auszeichnung zu erhalten, wurde drei Jahre lang hart gearbeitet, neue Gerichte entworfen, Geschmacksbilder gebaut, die Proportionen austariert.
Innovationen und Know-how in der Küche
Wenn der Kochzimmer-Chef von Essen spricht, erinnert das an einen Künstler oder Ingenieur. Und tatsächlich, es gibt da wohl Parallelen: „In der Küche passieren Innovationen – da ist ein unglaubliches Know-how versammelt.“ Seit der Eröffnung des Kochzimmers 2011 habe das vierköpfige Kochteam am Stil, einer Handschrift gearbeitet. Herausgekommen sind Kreationen wie eine moderne Variante des Nizza-Salats mit einem Oktopus-Carpaccio oder eine Taubenbrust mit Kohlrabi und Estragon auf Nussbutter-Sand. „Der Sand sieht aus wie der aus der Karibik“, sagt Frankenhäuser. Statt zwischen den Zähnen zu knirschen, würde er aber auf der Zunge schmelzen. Frankenhäuser entfährt spontan ein „Hmmmm“.
Eine zeitgemäße Küche biete das Kochzimmer – gelegentlich mit Techniken aus der Molekularküche. Da wird dann Rotkraut so extrahiert, dass Rotkrautgel entsteht. Schon sind wir beim Weihnachtsessen: Auf der Karte des Kochzimmers steht derzeit ein Entengericht. „Die Ente wird nicht wie üblich gebacken , sondern sanft rosa gebraten“, so der Kochzimmerchef. Dazu ein geröstetes Rotkrautblatt. „Das schmeckt ganz anders, als man es kennt“, dazu Rotkrautgel und Schwarzwurzeln, abgeschmeckt mit einer Art Pfeffersoße aus Tasmanien. Ja, richtig, die Insel unterhalb Australiens. „Der Geschmack hat was Animalisches, ist erst scharf, sehr präsent, dann gleich wieder weg.“
Ohne Übung wenig Gaumenfreude
Bei all der Exotik kommt bei Frankenhäuser zu Heiligabend zu Hause was sehr Deutsches auf den Tisch. „Kartoffelsalat und Würstchen. Er fügt sofort hinzu, dass das seine Frau wegen ihrer Kindheitserinnerungen so gerne hätte. Frankenhäusers Küchenchef Patrick Schwatke hingegen, der mit 29 Jahren zu Deutschlands jüngsten Küchenchefs zählt und unter anderem für Tim Raue gearbeitet hat, lässt sich bekochen – von seiner Familie.
Kochen für die Familie oder für Freunde berge enormes Stresspotenzial, sagt der Kochzimmerchef. Und das aus dem Munde eines Profis. „Die Erwartungshaltungen sind sehr hoch.“ Gerade zu Weihnachten. Wenn alles sich auf’s Weihnachtsessen freut, passiere oft das Malheur. „Das Problem ist, dass viele was Besonders machen wollen, was aber nicht immer gelingt.“ Das fange bei der Gans an – die mache man unterm Jahr ja auch so gut wie nie. Ohne Übung ist mit wenig Gaumenfreude zu rechnen.
Auch Pasta zu Weihnachten
Frankenhäuser rät, nur zu kochen, „was man wirklich kann, dann wird es auch gut“. Wenn es Nudeln sind, gebe es eben Pasta zu Weihnachten. „Das macht man in Italien doch auch so.“ Wer nicht gut kocht, sollte essen gehen. Im Kochzimmer sei nicht nur zu Weihnachten die ganze Familie willkommen. Auch mit Stern will Frankenhäuser eine lockere, entspannte Atmosphäre bieten. „Das Restaurant lebt, es ist kein steriler Raum.“ Soll heißen, die Kinder dürfen auch in die Küche.
Manche Kinder finden es dort so toll, dass sie beim Küchenchef sogar ihr Essen verspeisen. „Dann entspannen sich die Eltern und trinken ein Glas Wein.“ Klar, die gehobene Küche hat auch ihren Preis. Für ein Sterne-Restaurant habe man aber ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, meint Frankenhäuser. Der Stern jedenfalls zeigt Wirkung – seit der Verkündung im November hat das Kochzimmer etliche Gäste dazubekommen.
Das Kochzimmer ist an den beiden Weihnachtsfeiertagen sowie am 27. geöffnet. Im Angebot ist ein Sechs-Gänge-Weihnachtsmenü für 72,50 Euro pro Person.
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