Potsdam-Mittelmark: „Das wäre Kamikaze“
Bürgermeister will im Aufsichtsrat der Teltower Wohnungsbaugesellschaft keine Stadtverordneten
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Teltow - In Belange der Wohnungsbaugesellschaft Teltow mbH (WGT) – einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Stadt – sollen Stadtverordnete nicht hineinreden. Das meint Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD). Für richtig halten das auch viele Stadtverordnete selbst, weshalb sie jüngst im Hauptausschuss einen Antrag der CDU-Fraktion ablehnten. Die Christdemokraten hatten gefordert, die Hälfte der Aufsichtsratssitze an Stadtverordnete zu vergeben, damit diese ihrer Kontrollfunktion angemessen gerecht werden können.
Zurzeit ist der WGT-Aufsichtsrat mit drei Personen besetzt, die sind allerdings nicht Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung. Über die Bilanz des Unternehmens wird lediglich einmal jährlich ein Beirat informiert, dem Mitglieder aller Fraktionen angehören. Doch Beschlüsse kann dieser Beirat nicht fassen, da das die Satzung der WGT nicht vorsieht.
„Ich vermisse nichts“, gibt sich FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz durchaus zufrieden mit der Situation, „denn wenn ich mal Fragen hab, kriege ich auch Antworten“. Dass alles so bleibt wie es ist, ist auch ganz im Sinne der anderen Fraktionen. SPD-Vertreter Frank Fromm (SPD) sieht diese Haltung zudem durch die künftige Kommunalverfassung gestärkt. Denn in dem aktuellen Entwurf sei eine Trennung von Mandats- und Entscheidungsträgern regelrecht erwünscht, wenn es um privatrechtlich organisierte Unternehmen ginge, behauptete Fromm in der Sitzung.
Dagegen wird im Entwurf der Kommunalverfassung vom April 2007, der den PNN vorliegt, auf die gesetzliche Kontrollfunktion der Kommune gegenüber kommunalen Unternehmen besonders hingewiesen. Um die Kompetenzen von Aufsichtsräten zu stärken, wird vom Innenministerium empfohlen, „zukünftig neben Mitgliedern der Gemeindevertretung auch fach- und sachkundige Beschäftigte der Gemeinde sowie externe sachkundige Dritte in das Aufsichtsgremium“ zu entsenden. Auf PNN-Anfrage erklärte dazu Bürgermeister Schmidt, dass diese Fassung nicht mehr aktuell sei und ihm bereits ein neueres Papier vorliege, das allerdings noch „geheim“ sei. Darin sei der Personenkreis, der auf das Unternehmen Einfluss nehmen könne, bereits auf die externen Sachkundigen reduziert worden, der effektiveren Strukturen wegen. „Vor einer Einflussnahme der Gemeindevertreter kann ich nur warnen, das wäre ja Kamikaze“, sagte Schmidt gegenüber den PNN. Man habe bewusst vor einigen Jahren auf diese Beteiligung verzichtet, nachdem einige Mandatsträger, die früher einmal dem Gremium angehörten, in dieser Funktion unbefriedigend agiert hätten. Eine Wiederholung, so Schmidt, wolle er deshalb gar nicht erst riskieren, „weil dann die WGT betriebswirtschaftlich in die roten Zahlen abdriften würde“. Er verwies auf die beiden Nachbargemeinden als Beispiel.
Das von ihm zitierte „Geheimpapier“ ist offenbar so geheim, dass es nicht einmal im Innenministerium bekannt ist. Deren Sprecherin Carola Frohberg sagte den PNN, dass die aktuellste Fassung auf den Webseiten der Behörde veröffentlicht sei – und das ist die vom April 2007. Für diese Fassung erfolge in der nächsten Woche die Ressortabstimmung, so Frohberg.
Auch Schmidt Verweis auf andere Kommunen zielt ins Leere. Von roten Zahlen, wie Schmidt sie unterstellt, weiß man bei der Kleinmachnower Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft nichts. „Trotz umfangreicher Bauvorhaben in den letzten Jahren ist das Unternehmen liquide“, sagte Geschäftsführer Michael Grubert den PNN. Richtig gut klappe die Zusammenarbeit der gemeindeeigenen Gesellschaft mit dem Aufsichtsrat, dem Gemeindevertreter, Mitarbeiter der Verwaltung und sachkundige Bürger angehören würden. „Dieser Mix wirkt sich förderlich auf sachliche Entscheidungen aus“, lobt Grubert das Gremium.
Als objektiv und unproblematisch bewertet auch Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser das Zusammenwirken der gemeindlichen Kontrollgremien mit der Gemeindetochter Wohnungsgesellschaft Stahnsdorf mbH. Um flexibler zu sein, bestehe der Aufsichtsrat nur aus drei Personen: einem PDS-Gemeindevertreter, einem sachkundigen Bürger und dem Kämmerer. Ein weiteres Gremium sei die Gesellschafterversammlung, der die Mitglieder des Hauptausschusses angehören, so Enser. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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