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Potsdam-Mittelmark: David will die Klage

Güterfelder Ortsbeirat empfiehlt Klage gegen Nordumfahrung – heute muss Stahnsdorf entscheiden

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Stahnsdorf - Die Prostestschilder, die seit Jahren in Güterfelde das Nein zur geplanten Ortsumgehungsstraße symbolisieren, sollen an Gültigkeitsgrad gewinnen. Der Ortsbeirat empfiehlt, gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klagen, der die Güterfelder Nordumfahrung im Zuge des Ausbaus der Landestraße 40 für baureif erklärt. Die mehrheitliche Empfehlung vom Dienstag ist an die Stahnsdorfer Gemeindevertretung adressiert, die heute abschließend erklären wird, ob die Gemeinde gegen das Straßenbauvorhaben klagen soll oder nicht.

Der Ausbau der L 40 ist eines der wichtigsten und aufwändigsten Straßenbauprojekte in Brandenburg. Die vierspurigen Magistrale soll einmal Potsdam und den neuen Großflughafen Schönefeld verbinden – an der Wegstrecke liegt zudem das Güterverteilzentrum Großbeeren. Schon schieben sich deutlich mehr Lkw durch die Ortsdurchfahrt Güterfelde, was die Notwendigkeit nach Entlastung täglich illustriert.

Als man sich in den 90er Jahren Gedanken über den Trassenverlauf machte, war eine Südumfahrung durch die – naturbelassene Parforceheide Favorit. Doch nach massiven Drohgebärden von Umwelt- und Naturschutzverbänden präsentierte das zuständige Umweltministerium im Jahr 2000 die Nordumfahrung – zum Entsetzen großer Teile der Dorfgemeinschaft. Etliche vereinten sich in der Bürgerinitiative „contra Nord“, die in den vergangenen Jahren nicht nur Protestschilder installierte, sondern auch fundierte Gutachten und Argumente über die Nachteile der Nordumfahrung lieferte. Diese berühre nicht nur unmittelbar Siedlungsbereiche, sondern zerschneide in ihrem Verlauf via Güterfelder Eck auch ein einzigartiges Feuchtbiotop. Um den Eingriff zu minimieren, soll die Straße als Brücke über das Moor führen, was den Bau um einige Millionen Euro teurer macht.

Verfahrensfehler und falsch gewichtete Belange sahen von der Bürgerinitiative engagierte Fachanwälte schon vor Jahren. Die Möglichkeit einer Klage ergibt sich jedoch erst jetzt durch die Vorlage des Planfeststellungsbeschlusses, der juristisch angefochten werden kann. Zwar hat Güterfelde seine Eigenständigkeit als Gemeinde und somit seine Klagerecht im Jahr 2001 nach der Eingliederung nach Stahnsdorf verloren. Doch sicherten sich die Güterfelder die Klageoption durch einen Passus im Gebietsänderungsvertrag, wonach bei vorliegendem Planfeststellungbeschluss die Vor- und Nachteile der Nordumfahrung aus Sicht der heutigen Großkommune nochmals abzuwägen sind. Bereits vor einigen Tagen hat Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) erklärt, dass er dem Ortsparlament vorschlagen werde, auf eine Klage zu verzichten. Die Straße bringe „mehr Nutzen als Schaden“, meint er. Im Güterfelder Ortsbeirat sehen Angelika Enke und Ortsbürgermeister Dietrich Huckshold das anders. „Man kann nicht zu allem Ja und Amen sagen“, so Huckshold. Auch Wolfgang Ihlefeldt ist kein Freund der Nordumfahrung, doch ist für ihn der Leidensdruck durch die tägliche Verkehrsbelastung im Ort inzwischen so hoch, dass er den weiteren Ausbau der L 40 nicht länger behindern will. Ohnehin sieht er keine Erfolgschancen vor Gericht, weshalb er im Ortsbeirat für einen Klageverzicht plädierte.

Für Stahnsdorfs CDU-Fraktionschef Claus-Peter Martensen ist die Empfehlung aus Güterfelde durchaus von Belang. Doch unabhängig davon habe er nach der Lektüre des 400-seitigen Planfeststellungsbeschlusses „Magenschmerzen“ bekommen. „Erschreckend“ finde er, wie man in der Abwägung mit Bedenken und Einsprüchen zur Nordumfahrung umgegangen sei. „Das Ergebnis wurde vorweggenommen und dementsprechend wurde mit Einwänden verfahren“, bemängelt Martensen. Er muss den Kritikern und deren Gutachtern zustimmen: „Das Verfahren und die Ergebnisse sind widersprüchlich.“ Er habe Zweifel, ob ein Klageverzicht richtig ist. Doch auch er weiß um die inzwischen alltägliche Blechkarawane im Nachbarort. Mit dieser müssten die Güterfelder noch Jahre leben, würde man sich für den Gang vors Gericht entscheiden. Heute Abend, so Martensen, werden seine Fraktionskollegen nach eigenem Wissen und Gewissen entscheiden.

Von der SPD gibt es Signale für den Klageweg. Auch SPD-Bürgermeister-Kandidatin Ruth Barthels, aufmerksame Zuhörerin im Güterfelder Ortsbeirat findet „es sinnvoll, Rechtsmittel einzulegen.“

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