Potsdam-Mittelmark: Den Jakobsweg vor der Haustür
Von Teltow aus zwei Pilgerrouten / Bürgermeister will Erfahrungen anderer Kommunen einholen
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Teltow –„Der Weg beginnt vor der Haustür“, lautet ein spanisches Sprichwort. Das können Einwohner der Region Teltow jetzt sprichwörtlich nehmen, vor allem jene, die schon lange dem Traum nachhängen, einmal auf dem Jakobsweg zu pilgern. Denn eine 180 Kilometer lange Pilgerstrecke von Berlin nach Leipzig führt auch vom Berliner Mauerweg über Teltow, Ruhlsdorf, Marggrafshof, Sputendorf und Saarmund. Über den Hohen Teltow und die Zauche verläuft der Weg über die Lutherstadt Wittenberg bis nach Leipzig. Von dort haben Pilger Anschluss an die „via regia“, den mitteldeutschen Weg der Jakobspilger. Zwar ist nach wie vor der Weg auf dem traditionellen Camino vom französischen Saint-Jean-Pied-de-Port über Burgos bis zur spanischen Stadt Santiago de Compostela der berühmteste. Aber Recherchen belegen, dass es nicht nur diese Trasse gibt – über ganz Europa verläuft ein spinnenartiges Wegesystem. In Brandenburg gab es vier verschiedene Varianten des Jakobsweges, wie Wissenschaftler und Studenten der Frankfurter (Oder) Universität Viadrina recherchierten. Die Pilger des Mittelalters nutzten die Handels- und Heerstraßen, denn diese Wege boten Sicherheit und Kontakte zu Weggefährten. Heute sind diese Straßen zumeist asphaltiert und daher nicht gut zum Wandern geeignet, weshalb das Viadrina-Projekt versuchte, neue parallel laufende Wege zu finden, die für Fußgänger und Radfahrer angenehmer sind.
Vorgeschlagen wird alternativ auch eine Pilgerstrecke von Teltow über Potsdam, Lehnin, Brandenburg (Havel) nach Vehlen. Dieser Weg verläuft ebenso vom Berliner Mauerweg über Kleinmachnow, den Fontaneweg-Wanderweg 5, Stahnsdorf, Bugaweg, Potsdam, Caputh und Petzow. Es ist kein Zufall, das sich an den vorgeschlagenen Strecken alte und interessante Kirchen reihen, zu denen neben dem Ruhlsdorfer Feldsteinkirchenbau aus dem 13.Jahrhundert, die Caputher Stülerkirche und die Petzower Schinkelkirche gehören. Trotzdem sei der Pilgerweg keineswegs nur etwas für gläubige Menschen, meint Professor Ulrich Knefelkamp, der an der Viadrina in Frankfurt (Oder) Mittelalterliche Geschichte Mitteleuropas lehrt. Der Professor, der auch das Projekt „Jakobswege östlich und westlich der Oder“ koordiniert, ist überzeugt, dass der Weg auch eine Herausforderung für Leute ist, die Füße und Physis testen wollen.
Das zeigten bisherige Streckeneröffnungen, wie die vom 4. Juli von Saarmund nach Beelitz. Für Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt kam die Nachricht überraschend, dass der Jakobsweg künftig auch durch Teltow führen wird. „Für die Region wäre das eine tolle Sache“, will Schmidt nun Erfahrungen von anderen Kommunen einholen, die bereits an diesem Weg angeschlossen sind. „Supersache“, freute sich auch Teltows Wirtschaftsförderer Sören Kosanke. Mit einem Rieseneffekt für den Tourismus rechne er zwar noch nicht, aber ein Baustein sei es ganz bestimmt. Der Wander- und Wegewart der Region, Wolfgang Hirte, ist dagegen skeptisch, ob der Tourismus damit einen Schub erhält. „Wir haben zurzeit große Probleme, die Wege instand zu halten, denn mit Ehrenamt allein ist da nicht viel zu machen“, sagte Hirte den PNN. Früher seien die Wege über ABM-Maßnahmen gepflegt worden, doch derzeit sei es aussichtslos trotz vieler Bemühungen dafür Ein-Eurojobber zu bekommen. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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