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Von Thomas Lähns: Der Auto-Doktor

Ronny Meinelt löst in seiner Werkstatt auch schwierige Fälle – für viele ist er der beste Schrauber im Land

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Werder (Havel) – Der silbergraue Opel Omega hat schon bessere Zeiten gesehen: Der Lack wirkt trübe, Rost nagt an den Türen. Und anspringen will die zehn Jahre alte Limousine auch nicht mehr. „Der hat schon 400 000 Kilometer auf der Uhr, und er wäre noch weitergefahren“, sagt Ronny Meinelt. Aber dann ist der Besitzer mit kochendem Kühlwasser unterwegs gewesen – von Köln nach Berlin. Statt den Wagen zu verschrotten, hat er ihn zu „Ronny’s Garage“ in den Havelauen gebracht. Der Kfz-Mechaniker rückt sich den Blaumann zurecht, beugt sich in den Motorraum und setzt den Schraubenschlüssel an. Wird er den Wagen wieder flott bekommen? „Alles geht“, ist sein Motto.

Für viele ist der 31-Jährige Werderaner die letzte Rettung: Wenn das Auto nicht mehr läuft, die Selbstreparatur gescheitert ist und die Vertragswerkstatt abwinkt, rollt bei ihm die Kundschaft auf den Hof. Bei einem Wettbewerb des Radiosenders Star FM ist er jetzt zum „Besten Schrauber Berlin-Brandenburgs“ gewählt worden. Von circa 12 000 abgegebenen Stimmen konnte er als einer von zehn Kandidaten ein Drittel für sich verbuchen. Dafür wird ihm nun der Goldene Schraubenschlüssel verliehen – auf der weltgrößten Tuning-Messe in Las Vegas. Meinelt war von einer Kundin vorgeschlagen worden, hat selbst erst über drei Ecken davon erfahren. Es folgten Interviews und Radio-Spots, und Meinelt wurde zum Star.

„Ronny’s Garage“ gibt es seit fünf Jahren. Damals hatte er es satt gehabt, bei größeren Werkstätten je nach Auftragslage eingestellt und dann doch wieder entlassen zu werden, und sich selbstständig gemacht. „Man hat zwar nicht mehr Geld in der Tasche, und Urlaub gibt es auch nicht mehr, aber das Gefühl ist einfach besser“, sagt er. Die 200 Quadratmeter große Halle direkt am Fuße des Industrieschornsteins Am Zernsee 16 hat Meinelt von der Stadt gepachtet. Draußen steht ein Dutzend Autos und wartet auf die Reparatur, im Innern riecht es nach Öl, Benzin – und frischer Farbe. Es wird gerade umgebaut. In Meinelts Büro steht ein Schrank mit Ersatzteilen, auf dem Schreibtisch stapeln sich Aufträge. Eine Kaffeemaschine gluckert auf dem Sideboard und sogar der obligatorische Pin-Up-Kalender hängt neben der Tür.

„Ich bin Einzelkämpfer“, sagt er. 150 Stammkunden hat Meinelt, vom Fahrrad über den Mercedes bis zum Trecker bringen die Leute alles her, was irgendwie fährt – oder fahren sollte. Die Kunden kommen aus Werder und Potsdam: Die zwei Minuten Fußweg bis zum Bahnhof sind ein guter Standortfaktor. Meinelt würde gern noch jemanden einstellen, vielleicht sogar ausbilden, „aber für einen ist es zu viel Arbeit, und für zwei zu wenig“, sagt er. Das könnte sich jetzt ändern.

Jemand klopft an die offene Tür. Der Mann möchte Winterreifen bestellen. „Ich bringe Dir die Felgen vorbei“, sagt er. In „Ronny’s Garage“ ist man immer gleich per Du – das ergibt sich so und spiegelt das Vertrauen wieder, das der Meister genießt. Viele die zu ihm kommen, waren kurz zuvor in einer Vertragswerkstatt und wurden durch die hohen Preise vergrätzt. Deren Kostenvoranschläge kann Meinelt manchmal sogar halbieren: Er macht nur, was nötig ist, und muss auch nicht teure Spezialwerkzeuge vorhalten.

Was sind die größten Herausforderungen? „Es ist immer schwierig, wenn Kunden die Ersatzteile mitbringen“, antwortet Meinelt. Selbst der beste Schrauber kann da keine Gewähr übernehmen. Erst vor kurzem habe ein Kunde für seinen Golf ein Radlager bei Ebay ersteigert und statt 50 nur 25 Euro bezahlt. Meinelt hat es ihm widerwillig eingebaut. „Zwei Wochen später war der Mann wieder da“, erinnert er sich, das Radlager war verschlissen. Es ist fast wie beim Arzt: Die Leute schlagen manchmal jeden guten Rat in den Wind. Andere kommen erst, wenn es wirklich nicht mehr geht und haben vorher vielleicht selbst noch am Fahrzeug „herumgedoktert“. „Und kosten soll es am besten auch nichts“, setzt Meinelt hinzu.

Aber bis jetzt musste noch kein Auto vom Hof geschoben werden. Meinelt beugt sich wieder über den alten Omega. „Ein schönes Auto“, bemerkt er. Der „Beste Schrauber des Landes“ wird sich ins Zeug legen, damit die Perle noch einige Zehntausend Kilometer weiterläuft.

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