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Potsdam-Mittelmark: „Der Erreger ist so unglaublich fies“

Eine junge Krimi-Autorin aus Berlin schreibt über einen mysteriösen Mordfall in Beelitz-Heilstätten

Von Eva Schmid

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Beelitz – Beelitz-Heilstätten kann auch in Berlin-Neukölln sein. Zumindest im Zimmer von Sandra Roszewski. Dort hängen alte Postkarten der Lungenheilstätte, Bilder von Krankenzimmern und umhereilendem Personal. Sie zeigen die Anstalt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Daneben Bilder von heute: Die Stufen des Eingangs zum verwaisten Frauensanatorium, der abblätternde Putz an den Türrahmen, einzelne Badekacheln. Und dazu ein Bild der stäbchenförmigen Tuberkulose-Erreger. Es sind Details und die Basis für einen Fantasy-Kriminalroman, in dem die Infektionskrankheit eine zentrale Rolle spielt.

„Dieser Erreger ist faszinierend, weil er so unglaublich fies ist“, sagt die 35-jährige Buchautorin Sandra Roszewski. Ihr erster Roman „Die dunkle Seite des Weiß“ ist im Juni im Dresdner Buchverlag Editia erschienen. Er spielt in Beelitz-Heilstätten. Dort ist 1911 eine 17-jährige Patientin, die an Tuberkulose erkrankt war, spurlos verschwunden. Und taucht nach 100 Jahren dort wieder auf. Tot. Ihre Leiche ist fast nicht verwest. Der Fall stellt die Behörden vor Rätsel.

Sandra Roszewski ist nicht nur von der Tuberkulose beeindruckt, sondern von allen Infektionskrankheiten. „Ich habe ein Faible für Medizingeschichte.“ Interessant sind für sie daher historische Orte, an denen es ehemals vor infektiösen Erregern nur so wimmelte.

Auf Effekthascherei hat es die aus der Lüneburger Heide stammende Autorin nicht abgesehen: „Wenn ich über solche Krankheiten schreibe, dann spiele ich nicht mit dem Ekel“, erklärt die blondhaarige Frau, die in ihrer Neuköllner Wohnung schreibt. Ihr gehe es um Atmosphäre: „Wenn man in Beelitz-Heilstätten etwas achtsam ist, dann kann man erahnen, was sich da alles für Geschichten abgespielt haben.“

So erlebt es auch ihr hochsensibler Ich-Erzähler und Ermittler Jakob Roth. „Die Aura der Beelitzer Heilstätten jagte mir kalte Schauer über den Rücken. Die frühere Klinik lag verlassen in der Einöde. Ein schlummerndes Tier, dem Verfall preisgegeben. Über allem lag der Hauch von Tod und Verwesung“, so die Beschreibung im Fantasy-Krimi.

Ihr Ermittler, erklärt Sandra Roszewski, hat eine besondere Begabung. „Er nimmt auf vielen anderen Antennen die Dinge war und ist von dem Ort beeindruckt.“ Ganz im Gegensatz zu seiner Ex-Frau, die mit ihm zusammen in dem Fall ermittelt: Sie ist analytisch und logisch. „Und holt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn er droht, von seinen Eindrücken überrollt zu werden.“ Das ungleiche Paar löst den Fall auf. Spannend bleibe es bis zum Schluss.

Die Heilstätten haben die Autorin in ihren Bann gezogen: „Ich war zweimal dort und habe bei den Führungen eine Mischung aus Faszination und Grusel erlebt.“ Da sie detailgetreu arbeite, hat sie sich die Klinik auch dank vieler Fotos eingeprägt. „Mit den Händen bin ich über den alten Türlack gefahren“, erzählt Sandra Roszewski. Auch die Farbe der Badekacheln wollte sie exakt beschreiben, genauso wie die Zahl der Eingangsstufen. „Sollten Leser den Ort besuchen, sehen sie, dass meine Beschreibungen passen."

In dem Debütroman spielt die Autorin, die unter dem offenen Pseudonym Yalda Lewin schreibt, mit Realität und Fiktion. „Ich mag es, wenn plötzlich die Regeln der Naturwissenschaften anfangen zu kippen.“ Eine Tote aus vergangener Zeit, die, so scheint es, gerade erst gestorben ist. Ein Hauptermittler, der ein Gespür für Paranormales hat. „Keine Sorge, das hat nichts mit Aliens zu tun.“ Das Spiel mit den Genres, also dem Krimi und der Fantastik, mache ihr dabei viel Spaß.

Die Idee, unter einem Pseudonym zu schreiben, komme nicht von ihrem Vorbild, dem portugiesischen Lyriker Fernando Pessoa. Er veröffentlichte unter mehreren Heteronymen. Die Erklärung ist einfach: Neben dem Schreiben arbeitet Sandra Roszewski als ausgebildete Heilpraktikerin. Ihren Beruf will sie so weit wie möglich vom Schreiben trennen. Dennoch helfen ihr die Fachkenntnisse: „Ich bringe gerne biografische Begebenheiten in meine Geschichten mit hinein.“ Nur wer Erfahrungen habe, könne auch gut schreiben. Deshalb will sich Sandra Roszewski in ihrer geplanten Krimi-Reihe auch auf Berlin, Potsdam und das Umland konzentrieren. Dort kennt sie sich gut aus und ist fasziniert von den historischen Orten, die ihr ganze Romane wert sind. Die ersten 300 Seiten hat sie bereits den mystischen Heilstätten gewidmet. Eva Schmid

„Die dunkle Seite des Weiß“ ist im

Editia Verlag für 12,90 Euro erschienen. Das Ebook kostet 6,99 Euro und ist im

Aeternica Verlag erschienen.

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