
© Solveig Schuster
Stahnsdorf: Der Eselstreit ist beigelegt
Stahnsdorfer Esel mussten auf Weide bei Kienwerder umziehen. Jetzt begrüßen sie ihre Halter nicht mehr
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Stahnsdorf - Jahrelang gab es Streit um Stahnsdorfs ungewöhnlichste Haustiere: Nun sind die Eseldamen Lissy und Flora von einem Gartengrundstück im Meisenweg auf eine Weide bei Kienwerder umgezogen. Damit sind die Behörden beruhigt und die Nachbarn befriedet. Für Gabriele Kewitz und Joachim Petermann hat sich das erträumte Eselglück aber noch nicht eingestellt.
Vor vier Jahren hatte das Ehepaar zwei Esel – Lissy und Goliath – im Havelland gekauft, wenig später gab es Eselnachwuchs und Flora kam zur Welt. Die Zwergesel kamen nach Stahnsdorf auf ihr Grundstück, das zuvor eselgerecht hergerichtet wurde. Doch aus dem einstigen Traum wurde schnell ein Albtraum. Kaum in Stahnsdorf angekommen, brachten die exotischen Haustiere ihren Haltern zuerst Zoff mit den Nachbarn, dann mit den Behörden. Die Nachbarn wollten die Esel nicht, störten sich an Fliegen, am Mist, am Eselsgeschrei, schrieben Briefe an die Behörden.
Der Landkreis versagte die Genehmigung, letztlich trafen sich beide Parteien vor Gericht. Die Auseinandersetzung endete mit einem Vergleich. Sieben Monate durften die Esel auf dem Stahnsdorfer Grundstück verbleiben, dann war Schluss. „Im Mai endete die Frist“, erzählt Petermann.
Glück im Unglück: Der Landwirtschaftsbetrieb Agro Saarmund bot dem Paar ganz in der Nähe ihres Grundstücks am Seematenweg eine Weide zur Pacht an. Diese dient als Ausgleichsfläche für die neu gebaute Landesstraße 40 und soll insbesondere Bodenbrütern Lebensraum bieten. „Die extensive Beweidung durch die Esel wirkt sich sogar noch günstiger auf die Tierwelt aus“, weiß Petermann.
Der Ruheständler baute einen Unterstand, den er zu Ehren des inzwischen verstorbenen Eselvaters auf den Namen „Villa Goliath“ taufte. Gerade in diesen Zeiten finden die Esel hier Schutz vor der sengenden Hitze. Für den Winter will Petermann noch Türen bauen und das Haus winddicht verschließen. „Die Temperaturen im Winter sind nicht das Problem, aber der Wind und die Nässe“, weiß Gabriele Kewitz.
Zweimal am Tag legen die „Eseleltern“ den siebenminütigen Fußweg zur Weide zurück, bringen Wasser, versorgen ihre Tiere. Doch wie früher ist es nicht. „Seit sie hier sind, begrüßen sie uns nicht mehr.“ Joachim Petermann weiß nicht, ob er dies bedauern oder sich darüber freuen soll. „Die Esel leben selbstbestimmt, wie in der Wildnis, nehmen fortlaufend Futter auf“, erklärt er.
Gabriele Kewitz hat sich das anders vorgestellt. „Früher haben die Leute den Weg durch den Meisenweg gesucht, weil sie die Esel sehen wollten“, erzählt sie, „viele Besucher, Kaffee-Gäste in Scharen.“ Gabriele Kewitz wollte die Tiere in ihr Leben, die Nachbarschaft integrieren. Auf der Weide sei das anders. „Die Leute kommen zwar noch“, sagt sie, aber auf dem großen Gelände wären die Tiere vom Zaun her manchmal nicht zu sehen.
Kewitz und Petermann wollen nun dafür sorgen, dass die beiden Zwergesel dennoch hin und wieder unter die Leute kommen. Eine alte Kutsche ist schon gekauft. Bald wollen sie die Eseldamen anleiten, kürzere Strecken, etwa bis nach Güterfelde, mit dem Gespann zurücklegen. Auch beim Einkaufen werden die Stahnsdorfer die Eselfamilie bald wieder häufiger sehen. Der Weg über die Schleusenbrücke sei eine gute Übung, sagt Kewitz. Sie hofft, dass die Esel irgendwann ihre Angst vor dem Wasser überwinden.
Dann will sie nach Potsdam und zum Wannsee. Schöne Touren gäbe es da. Ihr größter Traum sei jedoch eine Wanderung entlang des „grünen Bands“. Über fast 1400 Kilometer erstreckt sich der Grünzug entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Doch im Moment sei das nicht vorstellbar. „Wir lassen alles langsam auf uns zu kommen“, sagt sie. Und letztlich soll es bleiben, was es von Beginn an war: „ein schönes Hobby“. Solveig Schuster
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