KulTOUR: Der Himmel so weit
Neue Ausstellung im Kleinmachnower Rathaus
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Kleinmachnow - Der Kulturkalender vom Rathaus Kleinmachnow lässt dem Nahen, dem Regionalen, fast immer den Vortritt. Das trifft auch auf die neue Foyer-Ausstellung von Ulrike Seide zu. Die studierte Gesangspädagogin stammt zwar aus dem bergigen Sauerland, lebt und arbeitet aber seit 1994 mit allergrößter Überzeugung im benachbarten Stahnsdorf. „Märkische Landschaften und Textilbilder“ macht das stets hochverehrte Publikum nun auf so sympathische wie überzeugende Weise mit ihrem zweiten Talent bekannt, der autodidaktisch erworbenen Fähigkeit, Eindrücke (also Impressionen) mittels bildender und angewandter Kunst festzuhalten und wiederzugeben.
Ihren „Abstieg“ aus dem Mittelgebirge via Berlin (1975) begründet sie ja expressis verbis mit ihrer Vorliebe für weite Himmel und viel freies Wasser – gerade so, wie man es im Märkischen findet. Reinste Seelenverwandtschaft, sagt sie. Ist auch ein Bild vom schwedischen Värmland oder Prignitzens „Plattenburg“ in das Ausstellungskonzept gerutscht, so hausen die meisten Motive doch ganz in der Nähe: den Sumpfwald samt Mühle an der Bäke, die winterlichen Upstallwiesen von Stahnsdorf, den Güterfelder Haussee, die Alte Feuerwehr ihrer Gemeinde, die Kirchen von hier und von nebenan. „Wiedererkennung“ ausdrücklich erwünscht.
Die Künstlerin bevorzugt das Aquarell und die Pastelltechnik, welche in den letzten fünfzehn Jahren um Etliches reifte. „Naturalismen“ sind dabei wenig zu befürchten, in fast jedem Werk ist genügend Eigenes enthalten, unsichtbar fast. Bei ihr flammen die Himmel in zwanzig Oranges und Feuerocker, wie märkische Himmel hier eben so flammen. Oder sie sind wie Milch und Käse kurz vor der Nacht. Hoch allemal. In diesen vierzig Arbeiten ist also nichts „platt“, wenn auch manches noch im Wortsinn vertieft werden könnte.
Die „Bäkemühle“, wie sie dieselbe 1999 sah, gibt es „so“ nicht mehr, ein Baumschatten an der Wand initiierte das Bild. Man geht mit ihr durch körperwarme Wälder und Auen, begegnet der blühenden Traubenkirsche, hört den „Gesang einer Nachtigall“, erreicht endlich den Nebel-, dann gar den „Feenwald“: Märkische Wanderungen, höchst personengebunden! Zwei Ölbilder gehören dazu und fallen zugleich aus dem Rahmen: „Birkenwald“ mit Spachtelungen an einem wenig günstigen Platz, und, viel zu seitab, das kleine Triptychon „Wachsam“: eine Welle frisch sprudelnden Wassers, darüber ein gewisses Auge schwebt. Ein echtes „Sinn-Bild“ eben!
Dass Ulrike Seide auch ganz anders kann, zeigt nicht nur der sinnierende Engel am Fenster. Sie hat auch sonst im Textilen manches zu bieten. Wer beschäftigt sich heute noch mit der vor vierzig Jahren so beliebten Batik? Seide schon. Mit der Empfehlung „Seien Sie gelassen“ hat sie eine ganze Reihe fescher Mädels in allen möglichen Lebenslagen (Vitrine) und mit leisem Augenzwinkern festgehalten – im Bade, beim Sprung, auf dem Eis. Männer sollen später folgen. Gleichfalls in Batik die vielleicht schönsten Schöpfungen dieser Personal- und Verkaufsausstellung: ein Knabe als Flötenspieler, das übermütige Wildpferdkind, die Tänzerin. War dort „Karikatur“ gemeint, so ist hier die Zeitlosigkeit zu Hause, die Poesie. Witzige Tierköpfe von Ziege, Schwein und Schaf, auch wunderbar gebatikt, runden Ulrike Seides Bild von der „Märkischen Landschaft“ sehr wahrheitsgetreu ab.
Bis 4. Mai zu den üblichen Öffnungszeiten im Rathaus
Gerold Paul
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