Stahnsdorf: Der lange Weg zur Wahrheit
Gekündigter Stahnsdorfer Bauhofleiter kämpft weiter um sein Recht. Erste Details im Kündigungsprozess werfen Fragen auf.
Stand:
Stahnsdorf - Im Fall des vor knapp einem Jahr geschassten Stahnsdorfer Bauhofleiters Wolfgang Pfingsten hat das Potsdamer Arbeitsgericht gestern mit der Beweisaufnahme begonnen. Ein Ergebnis gab es auch nach dem nunmehr dritten Verhandlungstag noch nicht, vielmehr zeigte sich: Bis auf den Grund der Wahrheit ist es noch ein langer Weg.
Hatte sich der Stahnsdorfer Bürgermeister Bernd Albers (BfB) bislang noch nicht zu den Hintergründen der Kündigung geäußert, kamen gestern erste Details auf den Tisch. Demnach soll der Stahnsdorfer Bauhofleiter im Beisein von Mitarbeitern des Bauhofs den Bürgermeister mehrfach schwer beleidigt haben. In Rage sollen Sätze wie „Solche Leute wie den Bürgermeister müsse man hängen sehen“ oder auch „Dieses Schwein müsste man an die Wand stellen“ gefallen sein.
Bauhofleiter Pfingsten hatte bislang bestritten, diese Worte gewählt zu haben und blieb auch gestern dabei. „Das ist Rufmord“, erklärte er. Und: „Ich fühle mich wie im falschen Film.“ Vor etwa einem Jahr hatten Tagebuchaufzeichnungen des Bauhofmitarbeiters Manuel H. die Sache ins Rollen gebracht und schließlich zur Kündigung des seit 2003 in der Gemeinde tätigen Bauhofleiters geführt.
Weil er es „satt hatte“, wie sein Chef ihn und die Mitarbeiter schikanierte, habe er zur Feder gegriffen und seit dem 8. Januar 2014 alle heiklen Begebenheiten und Äußerungen des Bauhofleiters notiert, so Manuel H. Gut ein Jahr danach hatte er seine handschriftlichen Aufzeichnungen der stellvertretenden Bürgermeisterin Anja Knoppke übergeben.
Er habe sie immer dabeigehabt und auf den richtigen Moment gewartet, gab er an. Pfingsten-Anwalt Andre Appel hatte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Schriftstücks. „Sind Sie sicher, dass Sie nicht erst 2015 mit der Aufzeichnung begonnen haben?“, fragte er. Auf Seite 6 der Tagebuchaufzeichnungen hatte Manuel H. aufgeschrieben, seine Arbeit bis ins Jahr 2015 fortsetzen zu wollen, was nicht unbedingt dem Stile von Tagebuchaufzeichnungen entspricht.
In mühevoller Beweisaufnahme versuchte das Gericht gestern, der Wahrheit auf die Spur zu kommen und hatte dazu mehrere Mitarbeiter des Bauhofs und der Gemeindeverwaltung in den Zeugenstand geladen. Am Ende des Tages blieben weiterhin viele Fragen. „Ich kann mir noch keine abschließende Meinung bilden“, sagte etwa der stellvertretende CDU-Chef, Wolfgang Brenneis, der die Verhandlung vor Ort verfolgte.
Völlig unbeantwortet blieb die Frage nach den Umständen, die den Bauhofleiter derart in Rage gebracht und zu solchen Äußerungen verleitetet haben sollen. Nur lückenhaft konnte auch geklärt werden, wie und warum Manuel H. die Unterlagen der Vize-Bürgermeisterin und nicht etwa dem Personalrat, dem er selbst angehört, übergab. Manuel H. soll sich nach eigenen und den Angaben einer Rathaus-Mitarbeiterin am 24. Februar 2015 zufällig im Büro der Kita-Verwaltung aufgehalten und dort Albers’ Vize seine Aufzeichnungen übergeben haben. Und zwar als diese – ebenso zufällig – auf dem Weg von einer Sitzung am Kitabüro vorbeikam.
Er habe ihr die Tagebuchaufzeichnungen nahezu wortlos in die Hand gedrückt, die diese ebenfalls kommentarlos entgegennahm, sagte Manuel H. Nachdem sie das Manuskript in ihrem Büro „in Ruhe“ gelesen habe, habe sie die etwa zehn Seiten, die sie für schlecht lesbar hielt, in ihren PC getippt, so Anja Knoppke – bevor sie das Manuskript dem Bürgermeister übergab.
Warum sie es unterließ, den Wahrheitsgehalt der Aufzeichnungen zu überprüfen, beantwortete sie damit, dass sie „sich nicht so lasen, als seien sie ausgedacht“ und sie einschätzte, dass der „Inhalt arbeitsrechtlich relevant war“. Bürgermeister Albers ließ die rechtliche Relevanz schließlich beim Rechtsanwalt der Gemeinde prüfen und reagierte schlussendlich mit der sofortigen Kündigung und einem Hausverbot.
Pfingsten kämpft seitdem um die Rückkehr in seinen Job. Auf Vergleichsangebote wie eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine Abfindung ließ er sich bislang nicht ein und lehnte sie auch gestern ab. Er will die komplette Rehabilitation. Die Beweisaufnahme soll nach der Bürgermeisterwahl im Mai fortgesetzt werden. Auch nach dem gestrigen Verhandlungstag ist der Ausgang offen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: