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Potsdam-Mittelmark: „Der schönste Kinosaal der Welt“

Das Scala-Kino ist zwei Jahre alt – und schaut sich künftig als Programmkino nach neuen Zuschauern um

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Werder - Knut Steenwerth kann es nicht recht verstehen: Als er vor genau zwei Jahren das Scala-Kino in Werder (Havel) aus der Taufe hob und damit einen über 60 Jahre alten Kinostandort reanimierte, waren alle des Lobes voll. Das denkmalgeschützte Ambiente mit Holzsitzen, Loge, eleganter ovaler Decke, feierlichen Wandlampen, rotem Vorhang und hell umrahmten Ausgängen hat es sogar in die Literatur geschafft: Der Journalist und Autor Michael Angele schwärmt in seiner Doku-Fiktion „Ankunft Weltende, halb zwölf“ vom „schönsten Kinosaal der Welt“. Und Knut Steenwerth unternahm mit seiner thailändischen Frau Peene Steenwerth in den vergangenen zwei Jahren alles, damit es hier den Zuschauerwünschen entsprechend flimmert. Doch inzwischen sinniert er über Kinoschicksale in Teltow oder Ludwigsfelde, wenn er an sein Scala denkt.

Komischerweise seien es gerade die zugezogenen Neuwerderaner, die das Kleinod anerkennen und zu den regelmäßigen Gästen zählen. „Aber manche der Alteingesessenen sehen in der Eisenbahnstraße zwar die wunderschöne Fassade, erkennen aber noch nicht recht, dass sich dahinter etwas ganz besonderes verbirgt“, sagt Steenwerth. Im Schatten von Großprojekten wie der Bismarckhöhe oder des Schützenhauses sei wohl auch der Stadtverwaltung nicht gegenwärtig, dass das Kino mit seinen 360 Plätzen zum Beispiel auch eine Theaterbühne hat. Werders Kulturbeauftragten hat Steenwerth noch nie gesehen. Und während Beeskow sein neues Kleinstadtkino mit 250 000 Euro fördert, soll Steenwerth selbst die Hinweisschilder zum Scala aus eigener Tasche bezahlen.

Doch der Werder-Freund und Cineast ist zu sehr Überzeugungstäter, als dass er sich kleinlaut zurückziehen würde. Steenwerth hat sich die Besucherzahlen nochmal angeschaut und Konsequenzen gezogen: „Ich will konstruktiv vorgehen.“ Plumpe Action oder Hollywoodkomödien ziehen in Werder offenbar nicht so gut wie in Potsdam oder Wust. Die alten Kämpfe, die Steenwerth mit Verleihern für aktuelle Kinostart von Blockbustern in der Blütenmetropole ausgetragen hat, führt er schon seit längerem nicht mehr. „Es zahlt sich einfach nicht aus.“ Von der Massenunterhaltung will er sich nun ganz verabschieden und das Scala schrittweise in ein Programmkino im Sinne des Thalias in Babelsberg verwandeln.

Denn zu Publikumsrennern hätten sich vor allem jene beiden Reihen entwickelt, die sich anspruchsvollen Filmen widmen: Die Montagsreihe mit Programmkino-Erfolgen aus den vergangenen Jahren und die Mittwochsreihe, in denen zehn Werderaner Filmfreunde Dokumentationen und Autorenfilme vorstellen und mit den Zuschauern diskutieren. Der Erfolg bringt Steenwerth dazu, das Programm für einen größeren Einzugsbereich zu verfeinern. „Spezialitätenrestaurants haben neben Mc Donalds ja auch ihre Berechtigung.“ „Sommer vorm Balkon“ statt „Mission Impossible III“ – so etwa lautet das Motto. Aber auch interessante Hollywoodstreifen wie „Walk the Line“ und Familienunterhaltung wie „Ice Age“ sollen weiter ihren Platz im Scala behalten.

Steenwerth verschweigt nicht, welche Probleme diese Umstellung für ein Kleinstadtkino mit sich bringt. „Anspruchvolle, kleine Filme gibt es leider nur in kleiner Kopienzahl.“ Während Blockbuster 1000-mal vervielfältigt werden, streiten sich die 4700 deutschen Kinos bei etwas nachdenklicheren Inhalten oft um 170 Kopien. Steenwerth muss auf die Flexibilität seines Publikums vertrauen – und das Publikum auf Steenwerth, wenn er verspricht, dass der jüngste Dresen-Film auf jeden Fall demnächst im Scala zu sehen ist. Ausgesuchte Filme für ein wunderbares Ambiente mit thailändischer Freundlichkeit – Steenwerth hofft, sein Filmtheater auf diesem Weg zu retten. Denn er weiß: „Wenn das Kino weg ist, kommt es nicht wieder.“

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