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Gegen den Trend. Auch für Werder (Havel) wird ein Einwohnerrückgang prognostiziert. Die Stadt will dem entgegenwirken und sich auf Messen verstärkt als attraktiver Wohnstandort auch für junge Familien mit Kindern  wie hier am Strengfeld  präsentieren.

© A. Klaer

Von Thomas Lähns: Der Wandel hat begonnen

Kreisverwaltung legt Demografiebericht vor / Bald über 30 Prozent weniger Einwohner in der Peripherie

Stand:

Potsdam-Mittelmark – Potsdam-Mittelmark im Jahr 2030: Die Bevölkerung ist zusammengerückt. Während die letzten jüngeren Leute ihren Wohnort in die weiter wachsende Region Teltow verlegt haben, herrscht auf dem Lande Leerstand. Es gibt kaum noch Schulen zwischen Treuenbrietzen und Ziesar, Arbeitsplätze sind Mangelware, und die Wege zum Arzt oder zum Einkauf werden weit. Mancherorts ist ein Drittel der Einwohner abgewandert – oder gestorben. Die wenigen, die noch hier leben, suchen die Abgeschiedenheit oder wollen sich im Alter nicht mehr entwurzeln. Kinder sehen sie nur noch im Fernsehen – oder wenn Verwandte aus der Stadt, vielleicht auch noch ein paar Touristen, vorbeischauen.

So könnte es in zwanzig Jahren im Landkreis aussehen, wenn man von den Zahlen des aktuellen Demografieberichtes ausgeht. Heute wird er erstmals öffentlich dem Jugendhilfeausschuss vorgestellt. Das Landratsamt bezieht sich unter anderem auf Prognosen des Landesbetriebs für Bauen und Verkehr sowie des Statistischen Landesamtes Berlin-Brandenburg.

Demzufolge wird es nur noch in der Region Teltow und der Gemeinde Schwielowsee eine positive Entwicklung der Einwohnerstatistik geben: Knapp 32 Prozent Plus in Teltow – das heißt, die Stadt würde dann fast 28 000 Einwohner zählen. Für die Gemeinden Kleinmachnow, Stahnsdorf, Nuthetal und Schwielowsee wird ein Zuwachs zwischen fünf und zehn Prozent erwartet. Ansonsten gehen die Zahlen zurück: Um 2,6 Prozent in Michendorf, 4,7 in Werder, 17,2 in Beelitz und um fast 33 Prozent in der Gemeinde Wiesenburg.

Insgesamt wird die Bevölkerungszahl des Landkreises aber nur um 6 Prozent auf 192 000 sinken – das heißt, die Bürger ballen sich am Rande Berlins und Potsdams. Doch auch hier wird es Umwälzungen geben, so die Prognose: In der Region Teltow wird die Zahl der über 65-Jährigen um über 100 Prozent auf 24 000 Senioren steigen. Demgegenüber wird es hier nur noch knapp 8000 Jugendliche unter 15 Jahren geben – gegenüber heutigen Zahlen ein Viertel weniger. Hintergrund dieser Prognosen: Ab 2020 werde sich der Geburtenknick der Nachwende-Jahre wiederholen, heißt es in der Expertise.

Wenige Kinder damals bedeuten wenige Eltern in der Zukunft. Zudem sei die Geburtenrate mit 1,37 Kindern seit der Wende zu niedrig und sorge für 30 Prozent weniger Nachwuchs pro Generation. Nach wie vor sterben mehr Menschen, als hierzulande geboren werden. Theoretisch müsse jede Frau mehr als zwei Kinder zur Welt bringen, um den Rückgang aufzuhalten, so das Rechenspiel. Die Konsequenzen hätten sich bislang noch nicht bemerkbar gemacht, weil es in den vergangenen 20 Jahren mehr Zu- als Wegzüge im Landkreis gegeben habe. Durchschnittlich 12 000 Menschen, vor allem 30- bis 50-Jährige seien jährlich nach Mittelmark gezogen. Etwa 10 000, vor allem Jugendliche und Heranwachsende, seien pro Jahr zum Beispiel für Job oder Ausbildung abgewandert.

Der demografische Wandel sei heute schon Realität, so eine der grundlegenden Thesen des Berichtes. In den vergangenen Jahren seien bereits Schulen und Kitas in den Randregionen geschlossen worden, seien potenzielle Mütter und junge Familien fortgezogen. Für die Kommunen werde dieses Phänomen künftig die größte Herausforderung sein. Im Hinblick auf immer engere finanzielle Spielräume und immer stärkeren Konkurrenzdruck zwischen den Regionen müssten deshalb alle Akteure an einem Strang ziehen, empfiehlt der Landkreis: Wirtschaft, Politik, Verwaltungen und gesellschaftliche Träger vor Ort sollten gemeinsam Strategien entwickeln.

So könnten sich Gemeinden im Verflechtungsraum an den Bedürfnissen der Älteren orientieren, wenn sie Bebauungspläne aufstellen. Die Zahl der Haushalte werde steigen, allerdings gehe der Trend hin zu kleineren Wohnungen für weniger Personen. Kommunen in den Randregionen sollten sich Aufgaben teilen, so der Vorschlag aus dem Landratsamt. Soziale, kulturelle und Freizeitangebote sollten sich auch an den Älteren orientieren, die Senioren stärker in das berufliche und gesellschaftliche Leben eingebunden werden. Und schließlich müsse man Schüler mit Ausbildungs- und Jobangeboten in der Region halten.

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