
© Andreas Klaer
Von Henry Klix: Des Pudels Kostüm
„Historischer Adventskalender“ öffnete sich am Freitag in Werders neuem Theater
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Werder (Havel) - Jutta Riemer und Elke Sagatz sind beide Fans der „Comédie Soleil“. Kaum eine Vorstellung im Werderaner Theater haben die beiden verpasst, im Schnitt gab es im ersten Theaterjahr jeden Monat eine neue. Elke Sagatz fand „Den Kleinen Prinzen“ bislang am schönsten, „so poetisch“. Und für Jutta Riemer war das beste Stück das allererste: Bei Shakespeares „Was ihr wollt“ hätten „ja fast alle Schauspieler auf der Bühne gestanden“. Insgesamt gefällt ihnen die Mischung, und es sei doch toll, dass es im kleinen Werder ein Theater gibt, finden beide und trommeln wo sie können, wenn eine neue Inszenierung auf dem Programm steht.
Auch gestern waren Jutta Riemer und Elke Sagatz vor Ort: Der RBB und die „AG Historische Stadtkerne“ öffneten symbolisch das dritte Adventstürchen zu Werders Sonnen-Bühne. Rund 150 Werderaner warteten neugierig auf dem Plantagenplatz, was sich dahinter verbirgt – und wurden nicht enttäuscht.
Auch Reinhard Gragert nicht, der die Gelegenheit zum „Reinschnuppern“ nutzte und mit seiner Frau nun auch mal ein Stück sehen will. „Wir haben schon von der Comédie gehört, aber noch keine Zeit gehabt, uns was anzuschauen“, so Gragert. Jetzt habe man die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, Fundus und Bühne erkundet und Schauspieler kennengelernt. Wünsche ans Theater? „Leichte Kost, nicht wie in Potsdam“, sagt Gragert.
Schauspielerin Nadja Winkler gesteht, dass Komödien beim Publikum tatsächlich am besten ankommen, so sei Molieres „Eingebildeter Kranker“ ein Selbstläufer gewesen. Andere Stücke seien schwieriger, dennoch wolle man auch auf solche Stoffe nicht verzichten. Der Humor steht ohnehin immer Pate: Boxer Charlie, der gern an den Schuhen in der Requisitenkammer knabbert, ist Maskottchen der Comédie. Ob er schon mal mitspielen durfte? „Ja, sollte er bei Faust, Aber er wollte sich nicht ins Pudels-Kostüm zwängen.“
Von Altlandsberg bis Ziesar werden bis Weihnachten im RBB-Magazin „Brandenburg Aktuell“ jeden Tag die Türen zu wiederentdeckten oder restaurierten Räumen geöffnet. In Werder wurde mit dem „Historischen Adventskalender“ auch der Funktionswandel vom leer stehenden Kaufhaus zum Theater gewürdigt. Der geschwungene Bau falle aus dem Rahmen, ohne die Nachbarhäuser zu übertrumpfen, wie es gestern hieß. Das passt womöglich auch inhaltlich zur „Comédie Soleil“, deren roter Schriftzug seit einigen Wochen über dem Eingang prangt.
Obwohl kein großer Theaterfan hat auch Bürgermeister Werner Große schon im Publikum gesessen, bei Goldonis „Diener zweier Herren“. „Ich war angenehm überrascht.“ Große weiß, dass es seine Zeit braucht, um alle Werderaner zu begeistern. „Aber ich bin mir sicher, die Leute hier schaffen das.“ Theaterleiter Michael Klemm verriet schon mal einige Höhepunkte für das kommende Jahr: Im Sommer ist Freilichttheater auf der Inselstadt angesagt. Pippi Langstrumpf, Shakespeares „Lustige Weiber von Windsor“ und Sophokles’ „Antigone“, die gemeinsam mit dem Ernst-Haeckel–Gymnasium inszeniert wird. Zudem wird es im Frühjahr ein Musiktheaterstück geben, mehr wird noch nicht verraten.
Für Werbung ist der Förderverein des Theaters zuständig, der von Ulrich Eickelmann geleitet wird. 18 Mitglieder habe der Verein, wegen des früheren Theaterstandortes sind viele Potsdamer darunter. „Ein Teil des Potsdamer Publikums ist auch mitgereist“, sagt Eickelmann. Immerhin sind aber schon sieben der Vereinsleute Werderaner, darunter Gertraud Seefeldt. Ihre jüngste Aktion: Für die Silvestertombola hat sie Händler und Unternehmer angesprochen, ob sie Preise stiften – mit Erfolg. Vom Tombola-Erlös sollen die Schauspieler eine Dusche bekommen. Ein Werderaner Badplanungsbüro spendierte bereits die Duschtasse.
Gertraud Seefeldt ist begeistert, was das Ensemble für die Werderaner seit der Gründung vor dreizehn Monaten auf die Beine stellte, zuletzt beim „Faust“. „Das war ein moderner und trotzdem werkgetreuer Zugang.“ Die letzte Hemmschwelle der Werderaner, so hofft nicht nur Seefeldt, sollte mit dem geöffneten Adventstürchen gefallen sein.
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