
© Andreas Klaer.
Potsdam-Mittelmark: Dialog im Glockenturm
Kulturstaatsminister Bernd Neumann und Kirchenvertreter geben Teltower Glocken an Debno zurück
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Teltow - Einträchtig stehen die beiden Glocken vor dem Altar der Sankt-Andreas-Kirche in Teltow nebeneinander. Diese Eintracht soll auch zwischen Debno und Teltow wieder hergestellt werden. Nicht immer seien die Schwingungen harmonisch gewesen, sagte Ulrich Seelemann, Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Brandenburg: Die beiden Bronzeglocken aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen ursprünglich aus dem Rathaus und der Kirche von Debno. Von dort sind sie auf den Irrwegen des Zweiten Weltkrieges in der Teltower Siedlungskirche gelandet.
Am gestrigen Freitag hat die evangelische Kirchengemeinde Teltow die beiden Bronzeglocken offiziell an die Stadt Debno und deren katholische Gemeinde zurückgegeben. In Teltow hatte man lange nichts von der Herkunft der Glocken gewusst, beide waren kurz vor dem Kriegsende nach Berlin gebracht worden – und sollten dort eigentlich eingeschmolzen werden. Nur ihr Alter bewahrte sie davor, das Material galt als unbrauchbar. Über Umwege landeten sie schließlich gemeinsam in Teltow und klangen dort zwischen 1948 und 2008 zusammen im Turm der Siedlungskirche.
Auf ihre Herkunft war vor drei Jahren der Teltower Kirchwart Michael Wilcke gestoßen. Er schlug daraufhin vor, sie ihrer Heimatstadt zurückzugeben. „Das war nicht ganz einfach, weil eine der beiden im Besitz der Bundesrepublik, die andere in dem der Union der evangelischen Kirche war.“ Bis zum Bundespräsidenten musste die Teltower Kirchengemeinde mit ihrem Anliegen, schließlich wurde es gewährt. Als man den Verantwortlichen in Debno den Vorschlag unterbreitet habe, sei man dort begeistert gewesen, erzählt Wilcke.
Das bestätigen auch die eigens angereisten Stadtverordneten, die Freude war ihnen gestern anzusehen. „Dieser Dialog darf nicht nur zwischen Regierenden, sondern muss auch zwischen den Menschen und den Konfessionen geführt werden“, erklärte denn auch Barbara Nieter, Vorsitzende des Teltower Kirchengemeinderats, die die Aktion mit organisiert hatte.
Kulturstaatsminister Bernd Neumann war gekommen, um zu betonen, dass die Rückgabe nicht allein lokale Bedeutung habe. Er erinnerte an den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag, der vor 20 Jahren unterschreiben wurde: „Wir Deutschen sollten nie vergessen, dass wir zwei der glücklichsten Momente unserer Geschichte, den Fall der Mauer und die Wiedervereinigung, den Frauen und Männern einer Danziger Werft verdanken.“ Die Werft gilt als Keimzelle der demokratischen Bewegung Solidarnosc. Das Glocken-Projekt müsse deshalb vor allem in der Tradition der fast 1 000 Jahre währenden Nachbarschaft zwischen beiden Ländern gesehen werden, so Neumann, und als Symbol für Frieden und Dialog zwischen den Völkern.
In Debno sollen die Glocken nun wieder installiert werden. „Die Rathausglocke soll vor allem Jugendlichen zugänglich sein, damit sie aus der Geschichte lernen können“, sagt der Debnoer Historiker Lech Kukasick.
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