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GLOSSE: Dicke Luft

Während gewaltige Waldbrände in Russland die ganze CO2-Wissenschaft Europas zur Verzweiflung bringen, kommt auch Kleinmachnow kaum noch zur Ruhe. Nicht nur, dass der jüngste Polizeibericht einen Auffahrunfall Stolper Weg-Stahnsdorfer Damm wegen eines Radfahrers meldete, nun greift wohl auch noch eine Hungersnot um sich.

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Während gewaltige Waldbrände in Russland die ganze CO2-Wissenschaft Europas zur Verzweiflung bringen, kommt auch Kleinmachnow kaum noch zur Ruhe. Nicht nur, dass der jüngste Polizeibericht einen Auffahrunfall Stolper Weg-Stahnsdorfer Damm wegen eines Radfahrers meldete, nun greift wohl auch noch eine Hungersnot um sich. Es wurde nämlich eingebrochen. Die Kaltschnäuzigkeit dieser Dieberei und das ungewöhnliche Ziel ihrer Begierde lassen sogar eine völlig neue Stufe der Kriminalität erkennen. Nicht Blutdiamanten, Jachtmotore, Edelkarossen oder gar Luxusvillen waren das Ziel der dreisten Räuber, es ging ihnen um die Wurst: Zehn Knackwürste einer ortsbekannten Metzgerei wurden durch Aushebeln der Eingangstür in der Nacht zum Montag entwendet. Eine Mitarbeiterin entdeckte das Malheur frühmorgens. Nachdem sie den Eigentümer verständigt hatte, kam auch die Polizei. Der Schaden am Entree wird auf „mehrere hundert Euro“ geschätzt, der Beutewert auf zehn. Hat bei einem so unangemessenen Aufwand etwa jemand mit der Wurst nach dem Schinken werfen wollen? Es wird Zufall sein, dass sich diese Tat gleichfalls an einem „Damm“ ereignete, nicht aber, dass es sich um Lebensmittel handelt, um Kleinmachnower Knackwürste gar. Ein PR-Gag ist genauso ausgeschlossen wie ein Zusammenhang mit der immer dicker werdenden Weltluft über Russland. Wer aber klaut dann so was mitten in der Nacht zum Montag, vor 4.45 Uhr? Da kommt nur einer infrage: Ja, der Hunger meldet sich jetzt in Kleinmachnow zu Wort, der macht ja sogar saure Bohnen süß. Nun bleibt vorerst ungeklärt, ob hier einem Menschen oder nur seinem Tier der Magen in der Kniekehle hing. Die Wurscht ist jedenfalls fort, und die Eingangstüre ist hin. Was also tun, solange die Fahndung nach ihnen noch läuft? Klar wird es ein Zeichen des guten Geschmacks gewesen sein, zehn Knacker mitzunehmen, statt Geld, oder schnöder Blut- oder Teewurst. Aber tröstet das einen Metzger? Nein. Man kann wirklich nur appellieren: Bringt die zehn Knacker zurück, bevor sie auf dem Trödelmarkt auftauchen, oder ganz woanders! Rückt die Beute heraus, ihr hungrigen Diebe, sonst wird die Luft in Kleinmachnow zu dick, der Ort wäre nun wirklich der letzte, der es sich leisten könnte, am Hungertuche zu nagen!

Gerold Paul

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