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Wege am Fluss. Bereits heute gibt es eine Reihe von touristischen Angeboten entlang der Nieplitz. Jetzt soll der Fluss noch artenreicher und sauberer werden.

© Thomas Lähns

POTSDAM-MITTELMARK: Die Befreiung der Nieplitz

Der Fluss soll bei Beelitz stellenweise in seinen alten Verlauf zurückgeführt werden. Das sorgt für Kritik.

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Beelitz - Jahrhunderte der Melioration haben ihre Spuren hinterlassen: Nur noch abschnittsweise erinnert die Nieplitz an einen natürlichen Fluss. Vielmehr ist es ein Kanal, in dem sich das Wasser – von Staustufen und kahlen Hängen gezähmt – langsam durch die Wiesen schiebt. In den nächsten Jahrzehnten soll sich das ändern: Trockengelegte Altarme sollen wieder geflutet und Wehre abgebaut oder umgangen werden. Indem der Fluss dann Fahrt aufnimmt, sollen Flora und Fauna wieder vielfältiger werden. So steht es im neuen Gewässerentwicklungskonzept, das künftig bei sämtlichen wasserwirtschaftlichen Projekten an den Gräben und Seen rund um Beelitz ausschlaggebend sein soll.

Erstellt worden ist das 300 Seiten starke Papier im Auftrag des Landesumweltamtes, Hintergrund ist die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union. Danach sollen Seen und Fließgewässer, die durch Staue reguliert und deren Läufe begradigt wurden und die unter Schadstoffeinträgen gelitten haben, spätestens bis 2027 wieder naturnäher, artenreicher und sauberer werden. Für die Nuthe gibt es bereits ein solches Konzept, für die Buckau im Westen des Landkreises wird es zurzeit erstellt. Im Bereich der Nieplitz sind laut Angaben des Landesumweltamtes 192 Kilometer Fließgewässer und drei Seen betroffen.

Nachdem der Katalog jetzt erstmals öffentlich vorgestellt worden ist, sind die Landwirte in der Region hellhörig geworden. „Alle Maßnahmen, die uns weitere Flächen abringen, sehen wir kritisch“, brachte es Landwirt Thomas Syring gegenüber den PNN auf den Punkt. Der Betrieb seiner Familie bewirtschaftet viele Wiesen in der Nieplitz-Niederung, ein Teil davon – 50 bis 100 Hektar – ist in seinen Augen konkret bedroht. So soll der Fluss südwestlich der B 246 zwischen dem Wehr bei Schönefeld und dem bei Zauchwitz in seinen alten Verlauf zurückgeführt werden. Dort gluckert im Moment nur der Kuhwischgraben. Syring befürchtet, dass zumindest zeitweise der gesamte Bereich überflutet werden könnte. Außerdem soll ein Randstreifen von je 20 Metern Breite künftig für die natürliche Entwicklung freigehalten werden, so ein weiterer Vorschlag der Wasserplaner. Den Ansatz, dass den Fischen  zum Beispiel durch sogenannte Fischtreppen und den Einsatz von Totholz als Rückzugsraum ein besserer Lebensraum geboten werden soll, könne er verstehen, konstatiert Syring. „Aber es gibt auch Lebenwesen, die sich im Moment dort wohl fühlen.“ Man müsse von Ort zu Ort über so etwas entscheiden und nicht pauschal, fordert der Landwirt.

Die Befürchtungen der Bauern kommen nicht von ungefähr: Derzeit kämpfen einige von ihnen gegen die geplante Umwandlung der Ungeheuerwiesen zwischen Stücken, Tremsdorf und Blankensee zum Moor. Auch hier drohe der Verlust weiter Wiesenflächen und damit der Lebensgrundlage künftiger Generationen, so die Argumentation. Dass es auch anders geht, zeigt sich im Süden von Beelitz: Auf den Grenzelwiesen, ebenfalls direkt an der Nieplitz gelegen, ist in den vergangenen Jahren ein Feuchtbiotop entstanden. Den Anstoß dazu hatte Landwirt Jürgen Frenzel gegeben – und einen Teil der Flächen seiner Agrar-GbR Wittbrietzen freiwillig dafür hergegeben.

Wie Jutta Kallmann vom Landesumweltamt erklärt, würden auch die Bauern von einer natürlicheren Nieplitz profitieren. Denn eines der langfristigen Ziele sei die Regulierung des Wasserhaushaltes. Den jedoch würden die Landwirte lieber den steuerbaren Wehren anvertrauen. Sie fordern ein Management der Stauanlagen durch die Wasser und Bodenverbände, um auf trockene und feuchtere Wetterperioden reagieren zu können. Die Verbände jedoch hätten – auch aufgrund ihrer Unterfinanzierung – diese Aufgabe in der Vergangenheit kaum wahrnehmen können. „Der derzeitige Zustand der Nieplitz ist deshalb auch nicht repräsentativ. Man sollte daraus kein fertiges Konzept ableiten“, so Landwirt Thomas Syring.

Das Gewässerentwicklungskonzept für die Nieplitz sei laut Landesumweltamt eine Art Fahrplan, um einzelne Projekte, bei denen Betroffene dann gesondert mitreden sollen, zu koordinieren und bei deren Umsetzung das große Ganze im Auge zu behalten. „2027 werden wir sehen, was wir geschafft haben“, so Jutta Kallmann.

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