Von Henry Klix: Die Dachdecker werden knapp
Ausstellung mit Landesinnung im Caputher Heimathaus soll für Berufsstand werben
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Schwielowsee / Potsdam - Nach der Wende war der Bedarf groß: viele Dächer marode, die Auftragslage glänzend. Dutzende Dachdeckerfirmen haben sich damals im Land Brandenburg gegründet, über 1000 Lehrlinge waren Mitte der 90er Jahre in der Ausbildung. Ergebnis: 530 Dachdeckerfirmen im Land, die meisten mit fünf bis zehn Beschäftigten. Dass die Lehrlingszahlen mit den Jahren etwas zurückgehen, damit hatte Klaus Becher gerechnet. „Der Nachwendeboom ist vorbei.“ Doch was jetzt passiert, nennt der Ausbildungsleiter des Potsdamer Landesausbildungszentrums des Dachdeckerhandwerks „ungesund“.
Nur 161 Lehrlinge befänden sich derzeit in der betrieblichen Ausbildung – zumindest 50 bis 60 mehr sollten es laut Becher sein, damit den Unternehmen in den nächsten drei bis vier Jahren nicht die Fachkräfte ausgehen. Doch es gibt zu wenige Bewerber, denen oft auch noch die schulischen Grundvoraussetzungen fehlten, die mitunter nicht mal eine Dachfläche berechnen können, klagt Landesinnungsmeister Wolfgang Blank.
Mit einer Ausstellung im Caputher Heimathaus will der Landesinnungsverband gemeinsam mit dem Caputher Heimatverein für das traditionsreiche Handwerk werben. Mit Fotos, Werkzeugen und Modellen soll ein Blick in Vergangenheit und Zukunft des Handwerks gewährt und der Einfluss von Dachlandschaften in märkischen Ortsbildern anschaulich werden.
Die Werbung ist bitter nötig, denn die Begeisterungsfähigkeit von Dachdeckermeister Wolfgang Blank ist selten geworden. Der 57-Jährige Landesinnungsmeister stieg schon mit vier Jahren mit seinem Vater, selbst Dachdeckermeister, aufs Dach der Potsdamer Erlöserkirche, das alte Foto wird in der Ausstellung gezeigt. Mit 18 gründete er eine Feierabendbrigade. Zwar war Blank hauptberuflich noch elf Jahre als Lehrer für Geschichte und Deutsch tätig, 1987 konnte er dem familiären Sog aber nicht mehr standhalten und gründete – nach Lehrausbildung und Meisterabschluss in der Abendschule – seine Firma in Caputh.
Dem Landesinnungsmeister, der Ausstellungsgestalterin Dorothea Stephan beriet, sind hiesige Dachlandschaften bestens vertraut. 200 Dächer deckte die Firma voriges Jahr. Er kennt sich aus auf den Dächern der Potsdamer und Babelsberger Villen und der märkischen Kirchen, von denen er mit seinen 30 Leuten seit der Wende 75 neu eingedeckt hat, ob auf Hermannswerder, in Eiche, Groß Kreutz oder Beelitz. Er schwärmt vom Babelsberg Eiermann-Bau mit „wilder Naturschieferabdeckung“, dem Schmetterlingsdach aus Edelstahl auf der Neubauvilla in Schwanenwerder oder dem Dach der Reha-Klinik in Beelitz-Heilstätten – mit 6500 Quadratmetern die größte Ziegelfläche, die seine Firma jemals decken durfte.
Eine Vielzahl neuer Techniken stehen dem Handwerk heute zur Verfügung. Statt von Mörtel und Klebemasse wird es von Unterspann- und Schweißbahnen dominiert, Flüssigabdichtungen kommen heutzutage bei schwierigen Dachkonturen zum Einsatz, auch wenn zum Beispiel der Turm der Bismarckhöhe saniert wird. Und inzwischen entwickeln sich auch Solardächer zum neuen Geschäftszweig. Eine Vielfalt, die sich auch in der Ausbildung widerspiegele. Herz, Sachverstand und ein Hauch Abenteuergeist sollten für den Beruf zusammenkommen, sagt Blank. Die Ausstellung, mit der auch Schulklassen angesprochen sind, soll etwas davon vermitteln.
Ausstellungserföffnung am 17. Mai um 15 Uhr im Heimathaus Caputh, Krughof 28. Dann bis 22 Juli am Wochenende von 15 bis 18 Uhr geöffnet oder nach Vereinbarung unter (033 209) 80 932 (AB nutzen!)
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