Von Tobias Reichelt: Die Hirse heizt ein
Auf einem Acker in Güterfelde wächst die Zukunft der Energieversorgung – selbst wenn es nicht regnet
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Stahnsdorf - Die Zukunft der Energieversorgung schreibt sich „Sorghum“ und steht auf einem Acker in Güterfelde. Dicht an dich wiegt sich hier, auf dem Gelände des Landesamtes für Landwirtschaft, die bis zu zwei Meter hohe Hirse im Wind. Es rauscht wie am Meer, wenn sich Rispen und Blätter der dunkelgrün leuchtenden Pflanzen berühren. Mittendrin stehen Gert Barthelmes und Manuela Märtin. Sie werfen einen kritischen Blick auf die Pflanzen, die einmal Autos bewegen, Wohnungen erwärmen und ganz nebenbei dem Mais als Biogaslieferant Konkurrenz machen sollen.
Schon seit knapp zwei Jahren testet das Landesamt auf den insgesamt 67 Hektar großen Ackerflächen bei Güterfelde, ob die Hirse auf den kargen Brandenburger Böden gedeihen kann und als Energielieferant für Biogasanlagen taugt. Die ersten Ergebnisse des Forschungsprojekts stimmen Barthelmes zuversichtlich. Gestern informierte das Landesamt für Landwirtschaft etwa 80 Landwirte, Züchter und Anbauberater über den Erfolg des Anbaus vor Ort. Wichtigste Erkenntnis: Anders als Mais kann Hirse auch in trockenen Jahren beständige Erträge bringen.
„Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Brandenburg besonders deutlich“, sagt Gert Barthelmes: Landwirte müssen mit wenig Regen und viel Hitze zurechtkommen. Die Böden seien staubig und trocken – gute Bedingungen für den Sorghum-Anbau. Sorghum ist eine Hirsengattung mit deutlich größeren Körnern und damit auch höheren Hektarerträgen. Die in Güterfelde gepflanzte Hirsensorte Sudangras ist zudem anspruchslos und liebt die Wärme. Fällt der Regen aus, kann das Gras sein Wachstum unterbrechen und später bei Regen wieder aufnehmen, das sind beste Voraussetzungen für den Anbau in der „märkischen Streusandbüchse“.
„Beim Mais kommt es in trockenen Phasen hingegen zu irreversiblen Schäden“, sagt Barthelmes. Die Bauern müssten sich auf Einnahmeverluste einstellen, wenn die Mais-Kolben klein bleiben. Im Test auf dem Güterfelder Acker lag der Ertrag der Hirse in besonders trockenen Jahren deutlich über dem des Mais. Im Schnitt könne Sorghum ähnlich viel Energie liefern wie Mais, der derzeit auf etwa 165 000 Hektar Ackerfläche in Brandenburg angebaut wird. Zum Vergleich: Etwa eine Million Hektar Acker stehen im Land insgesamt zur Verfügung. Erst auf rund 2000 Hektar ist Sorghum angebaut.
Schätzungen gehen davon aus, dass mit einem Hektar Mais etwa zwei Kilowatt Strom erzeugt werden können. Gleiches erhofft man sich von Sorghum. Das in Güterfelde gepflanzte Sudangras sieht dem Mais übrigens täuschend ähnlich, bildet über dem Blattwerk allerdings Rispen statt Kolben. Die Verarbeitungweise zu Biogas ist identisch. Die Pflanze wird am Boden abgemäht und geht in die Biogasanlagen, wo sie kleingehäckselt vergärt. Vorteil des Mais: Seine Kolben erzeugen mehr Energie, das aber nur unter optimalen Wachstumsbedingungen.
Trotz der Sicherheit, die Hirse dem Landwirt durch seine Unempfindlichkeit verspricht, sollten nicht alle Bauern auf den neuen Energielieferanten umschwenken, sagt Barthelmes. „Mais ist aus energetischer Sicht weiter zu präferieren.“ Sorghum hingegen kann die Vielfalt auf den Feldern erhöhen. „Auf die Mischung kommt es an“, sagt Barthelmes. Deshalb erforscht das Landesamt zeitgleich, in welcher Reihenfolge ein moderner Landwirt sein Feld mit Mais, Sorghum oder auch Roggen und Weizen bestellen sollte, um einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Noch bis April 2011 läuft das Sorghum-Forschungsprojekt in Güterfelde.
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