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Potsdam-Mittelmark: Die Illegalen

Die dauerhafte Nutzung der Fercher Wochenendhäuser ist noch nicht geklärt – Duldung wird angestrebt

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Schwielowsee - Ein großer Aufkleber prangt an Hans Bonows Briefkasten: „Formell illegaler Fercher“, ist in fetten Buchstaben zu lesen. Das drückt aus, wie sich der Rentner derzeit fühlt: verfolgt. Den Titel verpasste sich der Datschenbesitzer nicht selbst, sondern die Bauaufsichtsbehörde. Dabei wollte der gebürtige Berliner seinen Lebensabend in gediegener Waldatmosphäre genießen.

Doch statt dem Grunzen naher Wildschweine zu lauschen, muss sich Bonow als einer von 18 betroffenen Laubenbewohnern in Sperlingslust mit den Ämtern, dem Landtag und sogar einer Petition an den Bundestag beschäftigen. Denn den Familien der Wochenendhäuschen droht der Rausschmiss. Eine Wohn-Nutzung ihrer ausgebauten Wochenendhäuser ist nicht gestattet. Trotz aller Bemühungen der Bewohner, des Fercher Ortsbürgermeisters Roland Büchner (BBS) und der Bürgermeisterin Schwielowsees, Kerstin Hoppe (CDU), hatte sich an der festgefahrenen Situation nichts geändert. Die Anwohner müssen raus, sagte die Behörde und verschickte sogar Bußgeldbescheide.

Da schien der Besuch der Landtagsabgeordneten Saskia Funck (CDU) vorige Woche vielen als ein erster Lichtblick. Gemeinsam mit Hoppe und Büchner wollte sich Funck ein Bild der Lage vor Ort machen. Wohl war der Bürgermeisterin beim Anblick der langen Metallspitzen an Bonows Zaun allerdings nicht. Einige Bewohner seien derzeit auf die Behörden sehr schlecht zu sprechen, hieß es. Kein Grund zur Panik, beruhigte Funck. „Solche Enteignungen sind unzumutbar“, pflichtete die Abgeordnete den Betroffenen bei. „Die Bewohner sind immer im treuen Glauben gewesen, richtig gehandelt zu haben“, sprach Funck den Sperlingslustern Mut zu. Mit einer Anfrage an den Landtag will sie nun Klarheit für viele Betroffene in ganz Brandenburg schaffen.

Dass die Dauernutzung der Wochenendhäuser nicht nur in Sperlingslust ein Problem ist, zeigen die über 60 Fälle in Werder (PNN berichteten). Ganz Ostdeutschland hat mit dem Problem zu tun. Auch in Ferch sind über Sperlingslust hinaus mehr als 40 Familien von Nutzungsuntersagungen betroffen, sagte Hoppe. Die meisten der Lauben wurden zunächst als Bungalows am Wochenende genutzt, jedoch bereits zu DDR-Zeiten und in den Jahren der Wende ausgebaut und dauerhaft bewohnt. Besonders problematisch: Viele Betroffene sind sozial schwächer gestellt oder Rentner.

Eine Lösung, die Hoppe bereits beim Städte- und Gemeindebund angeregt hat, unterstützt nun auch Saskia Funck. Ihrer Meinung nach sollte der jetzigen Bewohnergeneration ein Duldungsrecht erteilt werden. Dies sichere zumindest deren Verbleib in ihren Häuschen.

Ihre Erben müssten sich dann allerdings auf die veränderte Situation einstellen. Funck findet es verständlich, dass die Menschen in ihren Idyllen bleiben wollen. Viele von ihnen haben ihr gesamtes Geld in die Häuser und Grundstücke gesteckt, sagt auch Angelika Luthin. Die 55-Jährige hat sich ihre Datsche in Sperlingslust bereits behindertengerecht ausgebaut – für später, sagt sie.

Müsste sie hier raus, hätte sie nichts mehr, denn wer würde ihren Bungalow nur für die Wochenendnutzung kaufen wollen?

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