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Klingende Freundschaft: Der Chor der Deutsch-Japanischen Gesellschaft.

© Andreas Klaer.

Potsdam-Mittelmark: Die Japaner feiern anders

Beim Kirschblütenfest in Teltow wurden Spenden für Erdbebenopfer gesammelt

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Teltow - Originalgetreu sei die Teltower Version des japanischen Kirschblütenfests „Hanami“ nicht, meint Naoki Kato. Seit einigen Wochen erst ist der Japaner zusammen mit seiner Frau Mari in Berlin, er forscht an der Humboldt-Universität. „In Japan schlendert man nicht von Stand zu Stand, man sitzt mit Freunden oder Kollegen unter den Bäumen und trinkt Sake“, einen starken japanischen Reiswein. Essen, vor allem Grillspieße mit Hühnchenfleisch oder Reisbällchen, bringe man von zu Hause mit. „Das Fest gleicht dort eher einem Picknick“, sagt Kato.

Den Unterschied zum japanischen Hanami erklärt Markus Mohn, Leiter der Umweltinitiative „Teltower Platte“, so: „Es wäre schwierig, die Leute hier dazu zu bewegen, sich zum geselligen Beisammensitzen unter den blühenden Kirschbäumen zu treffen.“ Zudem sei es auch nicht das Ziel, eine getreue Kopie des japanischen Hanami zu veranstalten, vielmehr soll das Fest das Beste aus beiden Kulturen zusammenbringen, so Mohn. Gemeinsam mit der Stadt und der Bürgerinitiative Teltow (Bit) veranstaltete er das Hanami zwischen Teltow Seehof und Sigridshorst gestern schon zum zehnten Mal.

Doch das Kirschblütenfest steht in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Die dreifache Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Reaktor-Unglück, die sich in Japan am 11. März ereignete, überschattete auch die Vorbereitungen für das Fest. „Eigentlich wollten wir es ganz absagen“, so Mohn. Darauf aber hätten sein japanischer Partner, Tetsuo Terasaki, mit dem er vor zehn Jahren das Fest initiierte, mit Stirnrunzeln reagiert. Natürlich sollte Hanami stattfinden, jetzt erst recht. Allerdings entschied man sich, das Fest etwas ruhiger anzugehen – der Teltower Karnevalsverein etwa ist in diesem Jahr nicht dabei. Auch das Kirschkern-Weitspucken stand kurz auf der Kippe, durfte aber letztlich doch stattfinden. Schnell war aber auch klar, dass es eine Spendenaktion geben sollte, mit der ein konkretes Hilfsprojekt vor Ort unterstützt wird.

Carola Fanter (Bit), eine der Hauptverantwortlichen, hatte sich dafür eingesetzt, Kinder zu unterstützen, die durch das Erdbeben zu Waisen geworden sind. Zusammen mit dem Berliner Missionswerk suchte man ein geeignetes Projekt und fand es in einem Kinderhaus in Sendai. Die Stadt an der Ostküste Japans gehört zu den am schwersten betroffenen Regionen. Das Waisenhaus benötigt für eine Erweiterung rund 835 000 Euro. Denn viele der bisher gezählten 13 000 Opfer des Tsunamis haben Kinder hinterlassen.

Weil aber ebenso Eltern ihre Kinder verloren haben, will die Einrichtung außerdem ein Zentrum schaffen, in dem „verwaiste“ Eltern und Kinder sich treffen – und zu neuen Familien zusammengeführt werden können. Bügermeister Thomas Schmidt (SPD) lobte diese „gelebte Solidarität mit unseren japanischen Freunden.“ Auch Naoki Kato freut sich über die Aktion. Dass die etwa 10 000 Kirschbäume entlang des ehemaligen Grenzstreifens ein Geschenk seines Landes anlässlich der Deutschen Einheit waren, wusste er aber noch nicht. Ariane Lemme

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