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Grünes Tor zur Innenstadt. Cornelia Thömmes hat inzwischen sogar einen Protest-Blog ins Internet gestellt.

© privat

Werder (Havel): Die Linden der anderen

Für den zweiten Bauabschnitt der Eisenbahnstraße in Werder sollen die alten Alleebäume zum Jahresende komplett fallen. Eine Anwohnerin wehrt sich seit Monaten auf allen Ebenen dagegen – bislang erfolglos

Stand:

Werder (Havel) - Große Bäume im öffentlichen Raum genießen in Werder besonderen Schutz. Besonders Alleen sind zu erhalten. „Werder war grün, ist grün und wird grün bleiben.“ All das sind Aussagen aus dem Grünen Leitbild, das die Stadtverordneten im Juni verabschiedet haben. Die Wirklichkeit sieht anders aus, meint Cornelia Thömmes. Die Architektin, die in der Eisenbahnstraße wohnt, kämpft seit Monaten um den Erhalt von Straßenlinden. Mit der Sanierung der Eisenbahnstraße im zweiten Bauabschnitt zwischen Gartenstraße und Adolf-Damaschke-Straße, die im Frühjahr startet, sollen die alten Bäume komplett fallen.

Nach einigen Mühen konnte Thömmes den Fällantrag bei der Naturschutzbehörde einsehen: 74 Bäume. Für Thömmes sind sie stadtbildprägend, bilden für Ankömmlinge ein „grünes Tor“ und gehören zum gründerzeitlichen Gesamtbild der Straße. „An einzelnen Bäumen kann man noch die alte Einfassung mit gelblichen Ziegeln sehen.“ Sie fürchtet, dass die Straße ihren Charakter verliert – ebenso wie Insekten und Vögel ihren Lebensraum. Bei einer Totalerneuerung ginge auch die Wirkung für das Kleinklima und die Feinstaubreduzierung verloren.

Thömmes ist sauer, aus mehreren Gründen. Nicht nur, dass die Fällungen aus ihrer Sicht gegen das „Grüne Leitbild“ und den Alleenschutz im Brandenburgischen Naturschutzgesetz verstoßen. Die Bürger wurden, sagt sie, auch falsch informiert: Als die Ausbauplanung vor sechs Jahren der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, sollten die meisten Linden bleiben. Im ersten Bauabschnitt von der Kesselgrundstraße bis zur Gartenstraße habe man sich daran gehalten. Der Ausbau des zweiten Abschnittes hatte sich wegen der Haushaltslage des Landes wiederholt verschoben, es handelt sich um eine Landesstraße.

Die damalige Planung wurde überarbeitet, auch das alte Baumschutzgutachten. „Die Öffentlichkeit hat man über den geplanten Kahlschlag der Bäume nicht befragt“, so Thömmes. Sie vermutet, dass das auch etwas mit der Aufhebung der Baumschutzverordnung des Landes vor zwei Jahren zu tun hat.

Thömmes kämpft bei der Stadt, dem Landkreis und dem Land dafür, dass zumindest einige der alten Linden erhalten bleiben. Es geht ihr um das Straßenbild, die „Torsituation“. Im Landesbetrieb Straßenwesen wird derweil gemutmaßt, dass es ihr vor allem um das Grün und den Schatten vor ihrem Haus geht. Man habe ihr zugesagt, dass drei Lindenbäume direkt vor ihrem Wohnsitz stehen bleiben sollen, sagt Planungschef Frank Schmidt. Allerdings nur, wenn sich während der Baumaßnahme „keine unüberwindbaren Schwierigkeiten“ ergeben.

Schmidt räumt ein, dass man die Bäume ursprünglich erhalten wollte. „Wir haben im ersten Bauabschnitt gesehen, dass das nicht geht.“ Die alten Linden, die man dort belassen hat, würden jetzt „flöten gehen“. „Wir wollten im zweiten Bauabschnitt nicht auch so einen Tanz haben.“ Die alten Leitungen würden dichter als angenommen an den Bäumen liegen. „Sie müssen raus und neue Leitungen und Borde verlegt werden“, so Schmidt. Das passiere in zweieinhalb Meter Tiefe und nur einen Meter vom Baumstamm entfernt, die Wurzeln würden erheblich beschädigt. Das habe auch der Baumschutzgutachter erkannt. „Es ist etwas anderes, den aktuellen Zustand der Linden und ihre Perspektive nach einer Baumaßnahme zu bewerten.“

Die Anwohner seien über das Projekt und die Kosten hinreichend informiert. „Über die Bäume hat der Baulastträger zu entscheiden, sonst streitet man sich über jeden einzelnen Baum.“ Die Baumaßnahme auf dem gut 800 Meter langen Straßenabschnitt soll im Frühjahr beginnen und 2014 abgeschlossen sein. Die Fahrbahn bekommt eine Regenentwässerung und wird etwas schmaler, dafür entstehen neue Parkbuchten. Die Bäume sollen zum Jahresende fallen.

Cornelia Thömmes fühlt sich mit der Rettung dreier Bäume missverstanden. Sie hatte an deutlich mehr gedacht und protestiert jetzt auch in einem Internetblog: die-linden-der-anderen.de. Auf den Namen sei sie nach einem Ausspruch des Bürgermeisters auf eine ihrer Anfragen in der Stadtverordnetenversammlung gekommen: „Ach ja, die Landeslinden, die gehören uns ja nicht.“

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