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Korrespondenz im Kunst-Geschoss.

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KulTOUR: Die Linie lebt !

Malerei trifft Keramik: Ilse Melzer und Barbara Illmer im Kunst-Geschoss

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Werder (Havel) - So ganz auf Weltniveau ist Werders Kulturpolitik zwar noch nicht, aber vielleicht auf dem Wege. Immerhin, so war jüngst in der Galerie „Kunst-Geschoss“ ganz öffentlich zu hören, würde die Stadt in Sachen Kunst durchaus „internationales Niveau“ anstreben. Man glaubt es, mit der nunmehr fünften Ausstellung „Korrespondenzen im Raum“ scheint ja eine Grenze erreicht. Die regionale „Bestandsaufnahme“ ist abgeschlossen, einige der im Strahlkreis von Werder lebenden Künstler haben im Schützenhaus ausgestellt. Nun wählten die Stadt und ihr Kurator Frank W. Weber zwei Brandenburgerinnen, die sich in ihren Ästhetiken, mehr oder weniger, an internationalen Standards orientieren: an der Moderne, am Konstruktivismus.

Ilse Melzer, vor 88 Jahren in Berlin geborene Malerin, und die Keramikerin Barbara Illmer aus Potsdam sind sich zuvor nie begegnet. Es ist dem Werderaner Kurator zu danken, sie im Kunst-Geschoss erstmals und räumlich korrespondieren zu lassen. Keramik gilt ja meist als archaisch, die Kunst Ilse Melzers im konstruktivistischen Sinn als modern. Das passt!, befand zur Vernissage nicht nur Herr Weber. Es passt in der Tat, und zwar auf zweierlei Art. Einmal als Miteinander zweier so unterschiedlicher Handschriften, zum anderen komplementär, wie es sich der Verstand gerade zurechtlegt.

An drei Stellen findet die Korrespondenz direkt statt: Weber hat aus weißen Stellwänden zwei Binnenräume gebaut. Der erste wird von einer Art Kette verschlossen, die aus lauter Spindeln besteht, doch eine scheint aus dieser Kaschierarbeit herabzustürzen, Titel „Ausgefallen“. Ein zweiter wird von Trichtern begrenzt, darin Sande fließen. Das ist Barbara Illmers Teil. An den Wänden hängen, vis-a-vis nach Farbe und Schwarz-Weiß geordnet, Bilder der Malerin, „Kontraste“ betitelt.

Wo früher der „Altar“ des Ehrenbürgers Hagemeister war, findet die Korrespondenz zum dritten Mal statt, diesmal unmittelbar: Illmer lockt mit den Plastiken „Annäherung“ und „Geöffnete Verschlossenheit“, Melzers Bilder antworten mit Titeln wie „Technische Tiefe“ oder „Werkformen“. Die Installationen mit Fensterdraht gehören zwar nicht zum Besten der Keramikerin – aber immerhin, dort entsteht tatsächlich Kommunikation!

Lob auch dem fünften Ausstellungs-Konzept! Honoris causa ist noch ein dritter Künstler dabei, der 1983 verstorbene Konstruktivist Rudolf Jahn. Sein Vortrag „Die Linie lebt“ hat das Schaffen der Autodidaktin Ilse Melzer überhaupt erst ausgelöst und nachhaltig geprägt. Zwei Kaltnadelradierungen und ein Kurzfilm per Monitor erinnern an ihn. Die Neu-Werderanerin (seit 2001) widmete ihm ihre letzte Arbeit „In memoriam“. Bis dahin schuf sie konstruktivistisches Bilder aus Linie und Form, aber auch fein abgestufte Pastelle meist in Blau, selten Gegenständliches zeigend: Segel, blaue Pusteblumen, eine Häuserfassade.

„Konstruktivismus ist Reduktion auf Form und Farbfläche“, so Weber. Ratsuchenden weisen die Titel den Weg. Teils bemalte Kegel und Spindeln gehören zum festen Form-Fundus von Barbara Illmer. Sie sind ihr gedanklich aus den Rundungen von Kirchturm-Kapseln erstanden. Mit ihnen lässt sich spielen und bauen, türmen und verdichten, Lebloses zeigen, oder Lebendiges verändern. Eine sehr weibliche Grundform, überall präsent. Vielleicht jene, an der Dornröschen sich sticht? Das wäre natürlich ein Ding

bis 12. April Do,. Sa. und So. 13-18 Uhr

Gerold Paul

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