Von Andreas Koska: Die „netten“ Biker vom Schwielowsee

Schwielowsee - Lederkutten, langes Haar, Vollbärte – das Klischee wird voll bedient. Aber nur äußerlich entsprechen die Mitglieder des Clubs „Stammtisch Chopper Cruiser Schwielowsee“ (SCCS) dem gängigen Bild von Motorrad-Rockern. „Wir sind die freundlichen Biker“ erläutert Thomas „Tommy“ Helm, der inoffizielle Präsident des noch jungen Vereins mit Stammsitz in Wildpark-West. Vom Arzt bis zum Anwalt, vom Fernfahrer bis zum Maurer sind hier sämtliche Berufsgruppen vertreten. Es ist der Spaß am Fahren, der die Leute verbindet. „Jeder, der keinen Stunk machen will, kann bei uns mitfahren“ sagt Tommy Helm.

Beim Bikerfrühstück am Samstagmorgen sitzen schon gegen 9 Uhr gut zwanzig dieser „Wilden Kerle“ am Tisch des Clubhauses am Rande des Geltower Gemeindeteils, direkt am Havelufer. Biker Harald Rug betreibt hier ein kleines Lokal, das regelmäßig zum Treffpunkt für gemeinsame Ausfahrten wird. Bereits vor sechs Jahren hatte er versucht, einen Biker-Stammtisch ins Leben zu rufen, erst vor zwei Jahren gelang die Gründung des SCCS. Heute steht eine Tour durch die Mittelmark auf dem Programm: Über Brandenburg (Havel), Golzow und Cammer will die Gruppe nach Beelitz brausen. Einige der Biker haben ihre Kinder auf dem Schoß, die Ehefrauen und Freundinnen sind ebenfalls dabei. Es wird gelacht und gescherzt, jeder Neuankömmling wird mit Handschlag und die Frauen galant mit Küsschen begrüßt.

Der Stammstisch hat acht Mitglieder, aber bei den Touren sind bis zu 40 Biker unterwegs. Sabina „Bina“ Wendt ist die einzige Frau unter den eingetragenen Mitgliedern. „Eigentlich bin ich die Kerlin“ lacht sie. Die Spandauerin hat hier, am Biker-Stammtisch, ihren Mann kennen gelernt und lebt mit ihm mittlerweile in Kleinmachnow. Die Einmütigkeit der Biker könnte kaum größer sein. „Wenn Not am Mann ist, helfen wir uns“, sagt Tommy Helm, der beruflich Lkw fährt und mit seinem Truck Rockbands auf Tourneen begleitet. Sogar für die Rolling Stones war er schon unterwegs, erzählt er stolz.

Bevor jedoch die Motoren für die heutige Tour angelassen werden, wird ein neues Mitglied aufgenommen: Michael „Micha“ Schmidt ist schon seit längerem regelmäßig bei Ausfahrten dabei, hilft bei Festen und ist schon dadurch längst bekannt in der Runde. „Jetzt bist du nicht nur Freund, sondern Bruder“ – mit diesen einfachen aber von „Jonny“ Rademacher aus Brandenburg würdevoll vorgetragenen Worten wird der 47-jährige aus Teltow zum Schwielowsee-Cruiser ernannt. Dazu bekommt er eine Weste mit dem roten Stammtischemblem, die er sogleich feierlich überstreift.

Vor der Tür stehen Maschinen der unterschiedlichsten Marken: Harley Davidson, Suzuki, Kawasaki, Honda, Yamaha und Triumph. Dass der Stammtisch angenommen wird, zeigen die Nummernschilder: Dortmund, Nordfriesland, aber vor allem märkische Kennzeichen sind zu sehen. Anna Borkmann aus Riedberg bei Gütersloh ist schon zum fünften Mal dabei. „In Gemeinschaft macht es einfach viel mehr Spaß, unterwegs zu sein“ beschreibt sie ihre Motivation. In Griechenland hatte sie einen der Schwielowsee-Biker kennengelernt und sich für Fahrten durch die Mark begeistern lassen.

Während dessen erklärt Harald Rug allen Bikern die Verhaltensregeln: „Wir fahren Kolonne, überholen nicht, und wenn einer ausfällt, wird die Lücke sofort geschlossen.“ Rug ist heute der „Road-Captain“, führt also den Korso an. Wenn jemand liegen bleibt, instruiert er die Gruppe, soll immer einer als Helfer bei ihm bleiben und zwei andere für die Absicherung sorgen. Am Abend wollen die Biker wieder zurück sein: Gemeinsam mit den „Wild West Bikern“ aus Geltow haben sie ein Straßenfest vor dem Clubhaus organisiert. Es ist das 9. Fest dieser Art – und mit der Nachbarschaft habe es nie Probleme gegeben, sagt Thommy Helm, während er seine Maschine startet. Bevor er losfährt, setzt er noch lächelnd hinzu: „Wir sind eben die netten Jungs.“

Termine für Ausfahrten auf:

chopper-cruiser-schwielowsee.de

Andreas Koska