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Prozess fortgesetzt: Die Reichtümer des Müllpaten

Recyclingunternehmer Bernd R. soll sieben Millionen Euro eingenommen und auch nach Ermittlungsbeginn getrickst haben.

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Potsdam-Mittelmark – Ein reicher Mann wurde Bernd R. durch seine Geschäfte mit Abfall und dessen illegaler Entsorgung in Altdeponien: Fast sieben Millionen Euro soll sein Firmengeflecht eingenommen haben. Im Prozess gegen den sogenannten Müllpaten vor dem Potsdamer Landgericht erläuterten am gestrigen Dienstag zwei Ermittler, wie R. seine Machenschaften verschleierte und was er daran verdiente. Auch nach Beginn der Ermittlungen soll er versucht haben, Geld beiseite zu schaffen.

Recyclingunternehmer Bernd R. steht vor Gericht, weil er zwischen 2005 und 2008 insgesamt 144 000 Tonnen Siedlungs- und Gewerbeabfälle illegal vergraben haben soll. Eigentlich hatte der heute 56-jährige Ex-Polizist den Auftrag, Dorfmüllkippen aus DDR-Zeiten mit Bauschutt zu versiegeln und zu renaturieren. In sechs Deponien in Altbensdorf, Wollin, Zitz, Mörz, Rogäsen und Schlamau sowie im Kiestagebau Schlunkendorf lagerte er stattdessen Abfälle ein. Neben Bernd R. sitzt auch sein früherer Mitarbeiter Frank N. auf der Anklagebank, ihm wird Beihilfe vorgeworfen. Aber auch gegen R.’s damaligen Anwalt, gegen seine Frau und seine Tochter wird ermittelt.

Zwischen 25 und 90 Euro habe R. für jede Tonne illegal entsorgten Mülls bekommen, sagte eine Ermittlerin des Landeskriminalamts dem Gericht. „Durch Scheinrechnungen, etwa für die Vermietung von Baumaschinen, floss das Geld an zwei andere Firmen von R.“, so die Ermittlerin. Die Geschäfte sollen so gut gelaufen sein, dass die Firmen hohe Guthaben auf Termingeldkonten führten. Das gehe aus der Auswertung von R.’s Konten hervor. Auch investiert wurde kräftig: Für 350 000 Euro sollen Wald und Ackerflächen gekauft worden sein – teilweise auf den Namen von R.’s Ehefrau. Heute sollen die Grundstücke einen Wert von gut einer Million Euro haben und sich gut rechnen: Aus Holzverkäufen sollen allein im Jahr 2008 etwa 250 000 Euro auf Konten der Ehefrau des Angeklagten geflossen sein. „Davon haben die R.’s gut gelebt“, so die Ermittlerin. Ihr Wohnhaus bei Belzig, das seit 2005 der Frau des Angeklagten gehöre, sei mit Pool, Nebengebäude und Carport aufgehübscht worden. Auf einem Sparkonto sollen 120 000 Euro gelegen haben. Insgesamt, so die Ermittlerin, konnten von den Zahlungen auf R.’s Konten 73 Prozent auf illegale Geschäfte zurückgeführt werden. Nach Ermittlungsbeginn sperrte die Staatsanwaltschaft die Konten von Bernd R., der daraufhin Zahlungen an Konten seiner Frau umgeleitet haben soll. Als R. gegen Kaution freikommen sollte, tauchte seine Ehefrau mit 100 000 Euro in bar auf, die vorher nirgends deklariert gewesen seien, so die Ermittlerin.

Für seine illegalen Geschäfte soll R. über Jahre konsequent Lieferpapiere gefälscht haben, wie ein Polizist der Ermittlungsgruppe Umwelt erläuterte: „Beim Lieferanten fuhr der Lkw mit Obstabfällen los. An der Deponie kam er mit Bauschutt an.“ R. soll insgesamt mehr als 3900 Lieferungen von zehn Firmen aus Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen erhalten haben.

Ein weiterer – kurzfristig geladener – Zeuge konnte gestern nicht aussagen, weil er sich im Ausland aufhält. Er soll Bernd R. nach Prozessbeginn getroffen haben. Ihm gegenüber soll R. geäußert haben, dass er „ausreichend Geld beiseite geschafft“ und bereits Ende der 90er Jahre seine erste Million mit illegalen Müllgeschäften verdient habe. Das Gericht verzichtete auf eine erneute Vorladung, weil es sich keine neuen Erkenntnisse für das Verfahren versprach. Am nächsten Verhandlungstag am Dienstag kommender Woche wird nun die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer halten. Die Verteidigung folgt zwei Tage später.

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