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Frischer gehts nicht. 1,50 Euro schmeißt man in den Automaten, dafür gluckert dann die frisch gemolkene Milch in die Flasche.

© es

Potsdam-Mittelmark: Die Rohmilch macht’s

Der Dahmsdorfer Milchbauer Timo Wessels betreibt Mittelmarks erste Milchtankstelle

Von Eva Schmid

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Kloster Lehnin - Ein leichter Druck auf den Knopf, und schon schießt die Milch in die Glasflasche. In dem kleinen Ort Dahmsdorf in Kloster Lehnin gibt es die erste Rohmilchtankstelle in Potsdam-Mittelmark. „Milch, frisch von der Kuh“ steht über dem Eingangsschild eines kleinen Häuschens. In der Tankstelle steht ein großer, metallener Schrank. Er erinnert an einen überdimensionierten amerikanischen Kühlschrank, aus der Aussparung mit dem Milchzapfhahn könnte auch Crushed Ice herauskommen. Doch er wird einmal täglich mit 100 Liter bester, frisch gemolkener Rohmilch gefüllt.

1,50 Euro kostet der Liter. Sobald das Geld in den Schlitz kullert, brummt die Maschine, die Kunden können per Knopfdruck ihre Milch tanken. Wer keine Flasche dabei hat, steckt 2,50 Euro in die Kasse des Vertrauens und nimmt sich ein leeres Gefäß, das neben dem Automaten steht.

Bereits im November vergangenen Jahres hat die erste Rohmilchtankstelle des Landkreises eröffnet. Jetzt hat auch der Chef des Kreisbauernverbandes sich die Station angesehen. Der Automat in Dahmsdorf ist mittlerweile der vierte seiner Art in Brandenburg. Die Nachfrage steigt: Immer mehr Kunden kommen, um sich Milch abzuzapfen, berichtet Milchbauer Timo Wessels. Für die Rohmilch von Wessels würden Potsdamer und Berliner den Weg in das kleine Dahmsdorf auf sich nehmen. Manche würden bis zu 20 Liter abfüllen. „Daraus lässt sich Käse und Butter selbst herstellen“, sagt Wessels-

Stolz zeigt der 34 Jahre alte Landwirt auf eine Liste, die neben den leeren Glasflaschen hängt. Dort steht, was in der Milch drin ist: 4,2 Prozent Fett und 3,5 Prozent Eiweiß. „Selbst die Zellanzahl ist ausgewiesen“, sagt Wessel. In der Tabelle steht darunter 7 000. Der Landwirt erklärt: Anhand der in der Milch nachgewiesenen Zellen könne man sehen, wie gesund die Tiere sind. Kranke Tiere würden mehr Zellen absondern. Im Schnitt würden Milchkühe in Deutschland pro Milliliter Milch rund 300 000 Zellen haben.

Gesunde Tiere hat Wessels in seinem Stall stehen: Doch seine 500 Kühe wollen gut gepflegt sein. „Die Milchviehhaltung ist sehr anspruchsvoll“, so der junge Landwirt, der die Milchtankstelle betreibt und außerdem monatlich 14 000 Liter an seinen Vertragspartner Müller-Milch liefert. Gute Luft, sauberes Wasser, einen sauberen Stall und gutes Futter sind Grundvoraussetzung für glückliches Milchvieh. Zudem müssten die Tiere immer pünktlich gemolken und gefüttert werden. Kleine Fehler würden die Kühe nicht verzeihen.

„Wenn es ihnen schlecht geht, dann geben sie statt der 30 Liter pro Monat nur noch 20“, erklärt Wessels. Das bleibe dann so lange, bis die Kuh wieder kalbt. „Das sind 30 Prozent Leistungsverlust. Wenn das bei allen Kühen auftritt, dann kann der Betrieb Insolvenz anmelden.“

Während der Landwirt Wessels über seine Kühe mit Hingabe spricht, kommt ein Kunde vorbei. Ein 76 Jahre alter Mann steigt aus seinem Jeep, er hat mehrere leere Flaschen in seinem Korb. Jeden dritten Tag füllt er hier auf. „Ich weiß noch von früher, dass mir die Milch direkt vom Bauern besser schmeckt“, sagt er. Und wieso soll die Milch von der Tankstelle besser schmecken als die aus dem Supermarkt? Wessels überlegt nicht lange: In Großmolkereien werde die Milch durch feine Düsen gepresst, um das Fett zu verteilen. Dabei wird die Milch homogenisiert. Wessels dagegen nutzt in seiner Milchtankstelle eine Art Rührmaschine, damit sich der fette Rahm nicht vom Wasser in der Milch absetzt. Sanft verrühre die Maschine die weiße Flüssigkeit. Die Fett- und Eiweißkugeln der Milch werden dadurch nicht, wie bei der Düse, in kleinste Teile zerteilt, sondern bleiben in ihrer Form bestehen. Das bringe den besseren Geschmack. Die Milch bekommt ein volles Aroma.

Auf die Idee, eine Milchtankstelle zu eröffnen, kam Wessels bei einem Urlaub in Bayern. Dort bekomme man noch Milch vom Bauern. Und das oft 24 Stunden lang. Die Tankstelle bleibt für Wessels, auch wenn sie eine halbe Million Euro gekostet hat, ein Nebengeschäft. Er hat investiert, weil das „ja auch eine Imagesache ist“. Immerhin halte er tolle Kühe und sein Betrieb sei für den Ort wichtig. „Da ist es doch komisch, wenn man dort keine Milch kaufen kann.“

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