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Potsdam-Mittelmark: Die S-Bahn als Killer der Teltower Kultur?

Hitzige Debatte unter den Stadtverordneten, wie sich städtische Angebote entwickeln sollen

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Hitzige Debatte unter den Stadtverordneten, wie sich städtische Angebote entwickeln sollen Teltow – Ein Kulturstreit scheint sich in Teltow anzubahnen. Es geht dabei um ein Papier, das dem Kulturausschuss am Montag von der Verwaltung vorgestellt wurde und den Titel „Grundlagen für eine Kulturkonzeption“ trägt. Vorerst hat das Schriftstück jedoch nicht die Qualiätät einer richtungsweisenden Konzeption: Kulturausschuss-Chef Eberhard Derlig (FDP) gab dem Papier ein schlechtes Zeugnis: Es würden Schwerpunkte und Ziele fehlen. Als pikant empfanden einige Ausschussmitglieder diesen Vorwurf, weil Teltows kulturelle Geschicke jahrelang zuvor in den Händen von Derlig selbst gelegen haben und sein Urteil nicht objektiv sei. Derlig reagierte gereizt: „Es hat nichts damit zu tun, dass ich als Kulturamtsleiter zwei Jahre weg bin und deshalb alles schlecht rede. Es geht darum, dass die Relationen in dem Konzept nicht stimmen". Derligs Zorn entfachte sich in der Sitzung vor allem an der Vorstellung, dass aus dem Bürgerhaus ein „Seniorenstandort“ wird und die Jugendkunstschule zunehmend aus dem Blickfeld gerät. Angesichts der vorgelegten Planung forderte er, dass Geld in Inhalte gesteckt werden sollte, nicht in Amüsements. In der Tat serviert die bunte Veranstaltungspalette, die diesjährig im Bürgerhaus über die Bühnen gehen soll, leichte Kost. Allerdings blieben in der Vergangenheit die schwergewichtigen Kulturereignisse den anvisierten Zielgruppen wohl eher verborgen. Deshalb ließ sich Michael Belkner, Sachgebietsleiter für Soziales, zu der kritischen Bemerkung hinreißen: „Brechend voll war es im Bürgerhaus bei Veranstaltungen bisher eher selten.“ Und CDU-Vetreter Klaus Strähle konstatierte, die örtliche Kultur schmore schon zu lange im eigenen Saft. Er würde sich deshalb nicht wundern, wenn Teltower nun per S-Bahn das hauptstädtische Kulturflair erkunden würden, obwohl er sich das lieber umgekehrt wünsche. Strähle fragte deshalb, wo die kulturellen Anziehungspunkte in Teltow sind. Wie betriebsblind man bereits gegenüber eigenen Vorzügen geworden sei, machte Helga Meister (BIT) deutlich: „Kremserfahrten und Drei-Gänge-Rübchenmenü stehen bei Berlinern hoch im Kurs.“ Und der SPD-Sachkundige Lutz Außerfeld stellte fest, dass sich kulturelle Highlights fast unbemerkt in unmittelbarer Nähe des Bürgerhauses ereignen würden. Da probe beispielsweise regelmäßig ein Chor von 80 Leuten im Pfarrhaus unter Leitung des Kantors. Deshalb sei für ihn auch nicht nachvollziehbar, warum sich das Bürgerhaus in dem Konzept im Mittelpunkt des künftigen Kulturnetzwerkes befinde. Der Anspruch stehe ebenso Einrichtungen wie Kirche, Bibliothek, Jugendtreff oder der Lokalen Agenda zu, provozierte Außerfeld. Fazit von Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD): „Nur zwei Leute, die bestimmen, was Kultur ist, das funktioniert nicht mehr. Es müssen viele Ideen von vielen Leuten zusammenfließen.“ Dieser Grundakkord könnte durchaus spannend werden, weil nämlich innovative Kultur geschieht, oftmals unbemerkt von offiziellen Terminen dank verschiedener Leute. Vorausgesetzt, Kultur wird nicht zum Verwaltungsakt degradiert, der sich darin erschöpft, kalenderbedingte Events zu absolvieren. Darüber muss man aber erst einmal ins Gespräch kommen und da sahen die Ausschussmitglieder durchaus Nachholbedarf, daher soll das Thema noch einmal in den Fraktionen beraten werden. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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