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Pflege in Potsdam-Mittelmark: Die unbekannten Pflegeberater

Die Stützpunkte in Werder und Beelitz helfen bei Pflegefällen. Doch sie werden zu wenig genutzt

Von Enrico Bellin

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Potsdam-Mittelmark - Was mache ich, wenn meine Eltern zum Pflegefall werden? Welche Leistungen stehen pflegenden Angehörigen zu und von wem bekommt man sie? Fragen wie diese beantworten die Mitarbeiter der Pflegestützpunkte im Werderaner Gutshof und der Beelitzer Clara-Zetkin-Straße. Doch noch immer wissen viele Angehörige oder zu Pflegende nichts von dem Angebot.

„Trotzdem wir uns bei den Ärzten im Kreis vorgestellt haben, informieren sie kaum über uns“, sagt die Pflegeberaterin Antje Schwalm am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Werder. Sie ist angestellt bei der AOK, die die Stützpunkte zu gleichen Teilen mit der Barmer und dem Landkreis finanziert. Gemeinsam mit drei Kollegen berät sie bei Pflegefällen telefonisch, beim Hausbesuch oder in den Stützpunkten. 2200 Beratungsgespräche führten die Mitarbeiter im Vorjahr – es seien noch deutlich mehr denkbar.

„Das Wichtigste ist, das wir unabhängig von anderen Trägern beraten“, sagt Christian Höhne vom Pflege- und Betreuungsmanagement des Landkreises. Auch wenn die Pflegeberater bei den Krankenkassen arbeiten, sei dies gewährleistet. An den Stützpunkten gebe es kurze Wege, so ist in Werder die AOK-Niederlassung direkt neben dem Beratungsraum des Kreises. Die Berater machen nach einem ersten Telefongespräch meist einen Hausbesuch, in dem sie abklären, welche Hilfe nötig ist. Anschließend stellen Antje Schwalm und ihre Kollegen die entsprechenden Anträge zusammen, die sie gemeinsam mit den Angehörigen ausfüllen. „Viele wissen gar nicht, dass sie Dinge wie Inkontinenzwindeln auf Rezept bekommen können oder Anspruch auf eine Schwester haben, die Insulinspritzen setzt“, so Schwalm.

Auch das seit einer Änderung des Pflegegesetzes monatlich mehr als 100 Euro beantragt werden können, etwa für Haushaltshilfen oder einen Urlaubsersatz für pflegende Angehörige, sei den meisten Kunden neu. Allerdings: „Theoretisch gibt es Anspruch auf Pflegehilfe, praktisch können das derzeit die häuslichen Pflegedienste kaum leisten“, so Schwalm.

Das Ziel des Landkreises sei es auch, die Abstimmung unter den Pflegediensten zu verbessern. Einige würden sich weigern, zu einzelnen Menschen in die entlegeneren Regionen des Kreises zu fahren, da sich die Pflege durch die lange Anfahrt nicht lohne. Im September soll es eine Konferenz geben, bei der die Dienste so koordiniert werden, dass sie sich auf dem Land nicht Konkurrenz machen.

Überhaupt sei bei der Pflege im Kreis noch ein großer Unterschied zwischen dem ländlichen Raum und der berlinnahen Region um Werder und Teltow zu spüren. „Auf dem Land ist die Scham bei den Leuten noch größer, wenn sie sich Unterstützung bei der Pflege ihrer Angehörigen holen wollen“, so Antje Schwalm. Die Angst, was der Nachbar denke, sei einfach noch zu groß. Auch der Beratungsbedarf ist unterschiedlich: Im ländlichen Raum um Bad Belzig sei meist mehr Unterstützung nötig als beispielsweise in der Teltower Region, wo sich die Menschen meist selbst mit Informationen versorgten und direkt zu den entsprechenden Trägern wie den Krankenkassen gingen. Deshalb denke man im Landkreis auch darüber nach, einen dritten Pflegestützpunkt in Bad Belzig einzurichten. Einen Zeitpunkt dafür kann Christian Höhne jedoch nicht nennen, noch sei nicht genügend Personal finanzierbar.

Die Mitarbeiter sind gut beschäftigt, da sie nicht nur Ratschläge geben, sondern auch deren Umsetzung kontrollieren. „Wir fragen immer nach, ob die Leistungen bewilligt wurden und haken nach, wenn es unserer Meinung nach unbegründete Ablehnungen von Ärzten oder Krankenkassen gab“, sagt Antje Schwalm. Bei 90 Prozent ihrer Fälle habe sich bisher herausgestellt, dass den Betroffenen eine Pflegestufe mit der entsprechenden Unterstützung zusteht. Enrico Bellin

Kontakt Pflegestützpunkt Werder unter Tel.: (03327)739343

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