zum Hauptinhalt
Abgedeckt. Die Mausoleums-Kuppel wurde notdürftig mit Folie gesichert.

© M. Thomas

Kupferdiebe auf Stahnsdorfer Friedhof unterwegs: Diebe räumen Dach ab

Stahnsdorf/München - „Ich finde es eine Schande, dass so etwas passiert.“ Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt, 91 Jahre alter Verleger in München und Urenkel des Verlagsgründers Gustav Langenscheidt, wurde gestern etwas lauter am Telefon, als er von den PNN vom neuerlichen Kupferdiebstahl am Langenscheidt-Mausoleum erfuhr.

Stand:

Stahnsdorf/München - „Ich finde es eine Schande, dass so etwas passiert.“ Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt, 91 Jahre alter Verleger in München und Urenkel des Verlagsgründers Gustav Langenscheidt, wurde gestern etwas lauter am Telefon, als er von den PNN vom neuerlichen Kupferdiebstahl am Langenscheidt-Mausoleum erfuhr. Von dem auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf gelegenen, ehemaligen Familiengrab wurden auch noch die zweite Hälfte des kunstvoll verzierten Kupferdaches gestohlen. Irgendwann im Januar, genauer lässt es sich nicht sagen. Tielebier-Langenscheidt erwartete dieser Tage eigentlich einen Kostenvoranschlag für die Reparaturen, die nach dem letzten Diebstahl im August anstehen. Damals war bereits ein Teil des Daches rücksichtslos heruntergerissen worden. Jetzt hat sich die Situation zum Schlechteren gewendet.

Die freiliegende Mausoleums-Kuppel war mit Folie gesichert. Nun liege Schnee auf dem Stein, das Mauerwerk der Kuppel ist der Verwitterung ausgesetzt, beschreibt Friedhofsleiter Olaf Ihlefeldt die Konsequenzen. Auch vom Grab der Berliner Kaufmannsfamilie Schmidt-Dames wurden Kupferabdeckungen gestohlen und zahlreiche Ziegel entfernt. Dieser Diebstahl war zuerst bemerkt worden, woraufhin das gesamte Areal abgegangen wurde. Die Täter haben das Schloss einer Schranke aufgebrochen, sind über die Alte Potsdamer Landstraße gefahren und über einen Zaun gestiegen, vermutet Ihlefeldt: „Die waren absolut gut vorbereitet.“

25 solcher Familiengrabstätten befinden sich auf dem erst rund 100 Jahre alten Stahnsdorfer Friedhof, nur acht wurden vor Ort gebaut. Die anderen, darunter auch die Langenscheidtsche, standen 1939 den Planungen Hitlers für sein Berliner „Germania“ im Wege. Sie wurden vom St. Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg nach Stahnsdorf umgesetzt. Die Mausoleen und Grabwände sind herausragende Zeugnisse der Zeitgeschichte und fester Bestandteil des Denkmalensembles auf dem Südwestkirchhof.

Im Stahnsdorfer Grab der Langenscheidts sind neben Firmengründer Gustav Langenscheidt (1832-1895), zu dessen Erinnerung einst das Mausoleum entstand, weitere sieben Verwandte beerdigt. Für die Familie habe das Mausoleum „rein historische Bedeutung“, sagt Tielebier-Langenscheidt, verstorbene Familienmitglieder werden dort nicht mehr bestattet. Um die Instandhaltung hat man sich auch während der Teilung bemüht. Einmal, erzählt der 91-Jährige, ging eine große Ladung Radiergummis gen Osten – Langenscheidts hatten gefragt, wie man notwendige Arbeiten veranlassen könnte, und aus dem Osten sei diese Anforderung als Antwort gekommen. Auch später beglich der Verlag öfter Rechnungen für den Graberhalt. Bei größeren Geschichten wie dem aktuellen Diebstahl müsse man über die Kosten nachdenken, sagte Tielebier-Langenscheidt den PNN. Das Ergebnis sei offen.

„Bei diesem Sonderfall sind wir auf Goodwill angewiesen“, weiß Ihlefeldt. Rechtlich treffe die Familie keine Pflicht, sagte Ihlefeldt den PNN, da die Nutzungsrechte ausgelaufen sind. Das Mausoleum sei Eigentum des Friedhofs. „Ist das Kupfer so viel wert?“, fragte Tielebier-Langenscheidt und zweifelt den Sinn an, den nächsten Dieben ein teures Kupferdach auf dem Tablett zu servieren. „Vielleicht Kunststoff? Vielleicht Dachpappe?“

Die Friedhofsverwaltung bittet Besucher erneut um erhöhte Aufmerksamkeit und darum, auffällige Aktivitäten zu melden unter Telefon (03329) 614106. ihö

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })