KulTOUR: „Diese Künstler konnten malen“
Werke von Eugen Bracht und seinen Schülern im Fercher Museum der Havelländischen Malerkolonie
Stand:
Schwielowsee - Vier Jahre nach seiner Gründung ist das „Museum der Havelländischen Malerkolonie“ in Ferch nicht nur eine regionale, sondern zu einer nationalen Hausnummer geworden. Einerseits festigte sich der Bund mit den norddeutschen Malerkolonien von Worpswede bis Ahrenshoop immer mehr, andererseits lohnt sich offenbar auch ein Gang in die Tiefe, denn nach Karl Hagemeister und Carl Schach kamen ja noch andere an den westlichen Schwielowsee, um jenseits akademischer oder industrieller Betriebsamkeit Natur zu suchen und abzubilden.
Dass sich damit in Ferch, quasi am Ende der Welt, eine beinahe fundamentale Art von Kunstgeschichte ereignen sollte, war natürlich nicht vorauszusehen. Heute arbeitet man daran, die Havelländer den französischen Impressionisten ebenbürtig zu machen. Die Chancen stehen dank einer fleißigen Forschungsarbeit und unbezahlbarem Engagement im Ehrenamt gar nicht schlecht. Mit jeder Ausstellung kommt Neues hinzu, werden frische Kontakte geknüpft, und irgendjemand hat immer noch einen Hans Hartig oder Johannes Hänsch in seinem stillen Kämmerlein.
Die aktuelle Ausstellung „Eugen Bracht-Klasse in der Mark“ will die Lücke zwischen 1900 und etwa 1920 schließen. Bisher wurden im Kossätenhaus ja Maler vor und nach dieser Zeit vorgestellt. Der Berliner Kunstprofessor und Hagemeister-Schüler Bracht (1842-1921) nun gilt als Schlüsselfigur des Übergangs von der akademischen zur Freiluftmalerei um 1900. Innerhalb von vierzig Jahren hat er eine neue Generation von Landschaftsmalern herangezogen, von denen viele am Schwielowsee lebten und wirkten. Ihnen ist diese erstklassige Ausstellung geweiht.
Das Forschungsteam um Kuratorin Jelena Jamaikina hat keine Mühe gescheut, möglichst umfassende Informationen über die meist unbekannten Namen zu finden und dies Bild um Bild auch mitzuteilen. Von der Qualität dieser Werke war selbst sie überrascht: „Diese Künstler konnten malen!“, rief sie bei der rammelvollen Vernissage letzten Sonnabend aus. Was sie wohl damit gemeint haben mag?
Die bis dahin als karg und motivlos geschmähte Landschaft direkt an der Havel und in der Mark hatte sich seit Hagemeister kaum verändert, wohl aber der Blick auf sie. Man entdeckte nun ein malwürdiges Licht, reizvolle Motive in offener Heide, die Stille der Wälder, den Frieden der Dörfer. Auch in und um das spätere Malerdorf herum, wie beispielsweise bei Hans Klohss „Hinter den Häusern in Ferch“ oder Paul Vorgangs Bild „Rote Scheune“. Mal ist es die Baumblüte in Kammerode, mal ein Weg am Dorfausgang, oder jener „Waldsee“, der so weit von hier nicht weg ist.
Man könnte glatt meinen, die von kaiserlich-akademischen Malmief befreiten Kunststudenten hätten die Natürlichkeit der Welt mit einiger Gier in sich aufgesogen. Schuld daran ist Wilhelm Zwo. Er selbst sorgte ja dafür, dass der allseits beliebte Bracht wegen allzu großer Nähe zur Malerei des „Erbfeindes“ 1901 nicht Leiter des Berliner Meister-Ateliers wurde. Er ging, und nahm viele Studiosi mit. Kaiserlichen Dank, Majestät, so ist die Fercher Kolonie wenigstens zu Nachwuchs gekommen, wovon die heutige Welt noch was hat!
Brachts Zöglinge entfernten sich zwar nicht sehr vom Stil ihres Meisters, doch wer zählt schon die Bilder, nennt die Namen! Irgendwann wird man ja doch vom „Havelländischen Impessionismus“ sprechen! Also zurück in die Zukunft, nach Ferch! Gerold Paul
bis 31. Oktober Mi. - So. 11 bis 17 Uhr, Beelitzer Straße 1
Gerold Paul
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: