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Potsdam-Mittelmark: „Diese Verkehrsgesellschaft ist ein Juwel“

Havelbus-Geschäftsführer Joachim de Boor warnt vor geplanten Kürzungen im Öffentlichen Personennahverkehr

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Havelbus-Geschäftsführer Joachim de Boor warnt vor geplanten Kürzungen im Öffentlichen Personennahverkehr Von Hagen Ludwig Potsdam-Mittelmark - Vor Qualitätseinbußen im Angebot der Havelbusverkehrsgesellschaft hat deren Geschäftsführer Joachim de Boor gestern vor der Presse gewarnt. Hintergrund sind die Pläne der Großen Kreistagskoalition in Potsdam-Mittelmark, die Zuwendungen des Landkreises für den Öffentlichen Personennahverkehr von derzeit 4,4 Millionen Euro auf 1,4 Millionen Euro im Jahr 2007 zu kürzen. „Ein solcher Einschnitt würde sehr weh tun“, sagte de Boor. Guter Nahverkehr sei kostendeckend nicht zu finanzieren. Das Einsparziel sei eine politische Vorgabe vor dem Hintergrund der angestrebten Haushaltskonsolidierung. „Mit uns wurden die möglichen Auswirkungen leider vorher nicht besprochen“, so de Boor. Konkrete Überbelegungen, Buslinien zu streichen oder auszudünnen gebe es bisher jedoch nicht. Der HVG-Chef sucht jetzt das Gespräch mit den politischen Entscheidungsträgern, um Überzeugungsarbeit zu leisten und Anpassungsstrategien zu entwerfen. „Fest steht, das wir nicht zaubern können. Die Schülerbeförderung ist eine Pflichtaufgabe und auch die Pendler müssen zur Arbeit kommen“, so de Boor. Die Beschäftigten des kreiseigenen Busbetriebes hätten mit der Einführung der Spartentarife bereits ihren Einsparbeitrag gebracht. Das sei für jeden Einzelnen mit nicht geringen finanziellen Einschnitten verbunden gewesen. Zudem habe die HVG bereits in den vergangenen Jahren mit einer überdurchschnittlichen Effektivität gearbeitet, was allerdings zu wenig öffentlichkeitswirksam dargestellt wurde, sagte de Boor. Er selbst zeichnet erst seit Februar dieses Jahres als Geschäftsführer für die HVG verantwortlich. Zuvor leitete er große Verkehrsunternehmen in Niedersachsen und Hessen. So habe die HVG ihren Kostendeckungsgrad in den vergangenen fünf Jahren von 70 auf fast 90 Prozent erhöht. Der Bundesdurchschnitt liege bei 71 Prozent, in den neuen Bundesländern gar nur bei 65 Prozent. Gleichzeitig seien die Leistungen der HVG im Linienverkehr kontiniuierlich gesteigert und die Zuwendungen der beiden Landkreis Potsdam-Mittelmark und Havelland als Gesellschafter der HVG verringert worden. „Diese Verkehrsgesellschaft ist ein Juwel, das sehr zu pflegen ist“ , betonte de Boor. Potsdam-Mittelmark und Havelland zahlen derzeit etwa zu gleichen Teilen für die HVG. Im Landkreis Havelland sei eine Kürzung der ÖPNV-Zuwendungen indes derzeit kein Thema, sagte HVG-Aufsichtsratschef Robert Cardineo. Insgesamt haben alle Busse der HVG im vergangenen Jahr 366 Mal die Erde umrundet und dabei 19,5 Millionen Fahrgäste befördert. Dabei sei zu beachten, dass mit jeder Tariferhöhung erfahrungsgemäß 10 Prozent der Fahrgäste abspringen. Im Bestand der HVG befinden sich derzeit 219 Busse, davon sind 60 Prozent Niederflurfahrzeuge. Auf der Grundlage der guten Betriebsergebnisse sei man in der Lage in diesem Jahr 19 neue Busse zu kaufen. Damit soll der Altersdurchschnitt der Flotte noch unter 6 Jahre gedrückt werden. Sorgen bereitet dem HVG-Geschäftsführer der kontinuierliche Höhenflug der Dieselpreise. Allein in den vergangenen fünf Jahren seien sie um über 22 Prozent gestiegen, und eine Trendwende wäre nicht abzusehen. Deshalb müsse die Busgesellschaft ernsthaft die Nutzung anderer Treibstoffe prüfen. „Wasserstoff ist mit Sicherheit die Technologie der Zukunft, doch sie wird in den nächsten 20 Jahre nicht anwendungsbereit zur Verfügung stehen“, sagte de Boor. Preislich gesehen wäre die Nutzung von reinem Pflanzenöl eine gute Alternative. So plane der große Kieler Verkehrsbetrieb „Autokraft“, seine gesamte Flotte auf naturbelassenes Pflanzenöl umzustellen. Neueste Technologien würden hohe Leistung und den Ausschluss von negativen Auswirkungen auf die Fahrzeugtechnik versprechen. Deshalb will die HVG zur Landesgartenschau 2006 im Rathenow einen ersten Testbus mit Pflanzenöl einsetzen. Von den Ergebnissen und Erfahrungen werde abhängen, ob man diesen Weg weiter beschreite, so der HVG-Chef.

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