zum Hauptinhalt

KulTOUR: „Dieser Kerl bekommt die Villa nicht!“

Ausstellung zur Caputher Villa Bergmann im Heimathaus / Auch Goebbels wollte sie einst haben

Stand:

Schwielowsee - Wer noch immer nicht weiß, was am 29. April 1910 in Caputh geschah, kann das jetzt nachholen: Die energische Wahrung seines Hausrechts hatte einem Caputher Einwohner, dem ehemaligen Schauspieler Oscar Baron von Laszewski, eine Anklage wegen Körperverletzung und Beleidigung der dort wohnenden Frau S. eingebracht. Er habe die Frau „nur angefasst und von Grundstück geführt“, heißt es in einer Zeitungsmeldung. Ein Gericht in Potsdam fand das zwar „nicht widerlegbar“, trotzdem wurde er „schuldig, aber straffrei“ gesprochen. Der Vorfall ereignete sich auf einem Gelände gleich neben der Fähre, wo der scheinbar blaublütige Herr drei Jahre später sein opulentes Domizil errichten ließ, die spätere Bergmann-Villa.

Da sich nun nach so vielen Jahren endlich ein Investor für sie gefunden hat und es Überlegungen gibt, das gute Stück sogar in die „Havelländische Maler-Kolonie“ einzufügen, machte der Heimatverein aus diesem „Skandal“ von dunnemals ein Ereignis für heute. Heinz Schmal recherchierte das alles so gründlich, bis eine große Ausstellung im Heimathaus daraus entstand, die erste 2008.

Schautafeln auf dem Hof und im hinteren Gebäude erzählen seit Sonntag von dem falschen Adelsmann und seiner steinreichen Gattin Anna bis zur Scheidung, weil die gute Frau so vergnatzt war, sich nicht „Baronin“ nennen zu dürfen. 1898 heiraten Oskar und Anna, eine geborene d“Heureuse, auf Helgoland, von dieser Zeit an bis 1907 wird auch das heutige Gesamtgrundstück erworben.

Man lebte bereits in einem Nebengebäude dieses „Caputher Arkadien“, als der Schwindel mit dem Adelstitel durch einen anonymen Brief an das Potsdamer Amt aufflog, Anfang vom Ende einer bürgerlichen Illusion, gut genug für eine Kolportage-Verfilmung. Der Berliner Architekt Georg Siewert entwirft das Gebäude im „Heimatschutzstil“, 1913 begannen die Bauarbeiten.

Mehr als auf jenes Vermögens- und Prestigegezänk sollte man auf das achten, was erhalten blieb, auch dank der Tatsache, dass man den Bau von 1950 bis 1989 als Kindergarten nutzte. Auf den Tafeln im Heimathaus findet man Carl Buschs Butzenfenster beschrieben, Paul Gerhard Voges Deckenmalerei und die verrückte Geschichte um das Gemälde „Der Wilde Jäger“ von Hans Koberstein im Ballsaal, 1972 verschollen, jüngst wieder aufgetaucht und einer Restaurierung harrend. 1919 verkauft Anna die Villa an Heinrich Bergmann, sie zieht nach Potsdam, wo sie sich Jahre darauf mit dem Hofapotheker Duncker zusammentut, auch keiner von Adel.

Die Ausstellung beleuchtet auch die Geschichte des Berliner Fabrikanten Heinrich Bergmann, „soweit sie erforscht ist“. Der neue Besitzer, 1927 den Pavillon am Wasser nebst Kaimauer hinzufügend, nutzte das Haus an den Wochenenden, wollte aber 1933 selbst verkaufen. Als Joseph Goebbels Interesse zeigte, behielt er es lieber: „Dieser Kerl bekommt die Villa nicht!“ Sieben Jahre später starb er. Ausgebombt, zog seine Witwe Martha 1943 nach Caputh. Nach einem kurzen Interim durch „russische Besetzer“ kehrte sie im September 1945 heim – im selben Monat erlischt das Leben von Anna Laszewski.

Nun hat der Immobilienmann Lothar Hardt diese Stattlichkeit übernommen, sein Architekt Werner Jockeit wird sie denkmalgerecht restaurieren, samt Interieur und Hirschtor. Die Ausstellung indes will bis zum 11. Mai in Wort und Bildern vermitteln, warum diese Geldleute „ihr Arkadien in Caputh gefunden haben“. Lob solcher Heimat-Erforschung, das ist gelungen!

Heimathaus Caputh, Krughof 28, an den Wochenenden zwischen 15 und 18 Uhr.

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })