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Potsdam-Mittelmark: Disput um Winterdienst

Viele Anlieger müssen demnächst wieder auf der Straße Schnee schippen. In Michendorf übernimmt es die Kommune – und kassiert dafür. Auch andere Gemeinden haben spezielle Regelungen getroffen

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Potsdam-Mittelmark – Der Michendorfer Hagen Poser ist zurzeit nicht gut auf die Gemeindeverwaltung zu sprechen. Bereits Ende Juli hatte der Grundstücksbesitzer einen Gebührenbescheid erhalten, nach dem er für den Winterdienst in den kommenden Monaten zahlen soll. Sein Problem: Er soll nicht nur anteilig für das Schneeschieben vor seinem Wohnhaus aufkommen, sondern wird auch für seinen Garten in Langerwisch zur Kasse gebeten. „Der befindet sich aber an einem Waldweg – und dort wird gar keine Reinigung ausgeführt“, erklärt er.

Deshalb hat Poser gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Abgelehnt worden ist der jetzt mit der Begründung: Es sei unerheblich, ob in einer Straße Winterdienst ausgeführt werde oder nicht. „Da mit der Winterdienstfirma ein Pauschalpreis vereinbart worden ist, entstehen der Gemeinde Kosten, die auf die Anlieger umzulegen sind“, schreibt das Ordnungsamt kategorisch. Für Hagen Poser bedeutet das: Für sein Wohngrundstück soll er 4,80 Euro berappen, für seinen Garten sogar 18,90 Euro für die Zeit bis Jahresende. Berechnet wird nach Frontmetern.

Beim Ringen um eine für alle verträgliche Lösung des Streitfalls Winterdienst hat auch die Gemeinde Michendorf offenbar noch keinen Königsweg gefunden. Wie die Verwaltung unlängst im Hauptausschuss eingeräumt hatte, gebe es tatsächlich einige Widersprüche. „Die sind aber meist technischer Natur“, so Ordnungsamtschefin Juliane Seidel. Die Satzung selbst werde nicht abgelehnt.

Immerhin: In Michendorf müssen die Leute seit diesem Jahr nicht mehr zum Schneeschippen auf die Straße, sondern nur noch auf den Gehwegen streuen und räumen – sofern vorhanden. Nach den Erfahrungen der blizzardähnlichen Zustände in den vergangenen beiden Wintern hat die Gemeinde die Verantwortung für den Winterdienst auf allen kommunalen Verkehrsflächen, auch auf Nebenstraßen, übernommen. Dafür sollen die Anlieger nun zahlen. Ob dann tatsächlich überall geschoben wird, scheint auf einem anderen Blatt zu stehen.

In den meisten Mittelmark-Gemeinden können die Kommunen laut den geltenden Satzungen indes die Grundstückseigentümer zum Winterdienst nicht nur auf den Gehwegen verpflichten, sondern auch auf der Straße, wenn das Verkehrsaufkommen es erlaubt. Der Brandenburgische Landtag hat dieser Praxis kürzlich mit den Stimmen der rot-roten Regierungskoalition seinen Segen erteilt und das Landes-Straßengesetz entsprechend novelliert. Ablehnung kam aus der CDU: In Zeiten des demografischen Wandels sei es für die älter werdenden Bürger nicht mehr zumutbar, Straßen zu beräumen, hieß es.

Mit der Novelle hat der Landtag auf ein Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichtes reagiert, das Ende 2010 für Aufsehen sorgte. Das Gericht hatte nach einer Klage exemplarisch die Räumpflicht von Anliegern auf Straßen in Blankenfelde-Mahlow gekippt. Damals sah das Gericht im Landes-Straßengesetz keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dafür, die Anlieger zum Schneeschippen auf die Straße zu schicken. Sie seien lediglich verpflichtet, Gehwege und Überwege für Fußgänger vom Schnee zu räumen und bei Glätte zu streuen, hieß es damals. Nach der Gesetzesnovellierung liegt es nun in der Hand der Kommunen, ob sie die Anliegerstraßen von den Anwohnern räumen lassen oder diese Aufgabe selbst übernehmen.

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Ende 2010 war in vielen Kommunen über die Winterdienstsatzungen nachgedacht worden – so auch in Seddiner See. Dort wollte man das Regelwerk novellieren, nun allerdings wird es dort wohl auch weiterhin heißen: „Beim Fehlen eines ausgebauten Geh- oder Radweges ist ein ein Meter breiter Streifen der Fahrbahn zu räumen und abzustumpfen.“

Eine andere Regelung ist nach jahrelangem Streit kürzlich in Beelitz gefunden worden. Anwohner müssen demnach nur noch die Gehwege räumen. Zusätzliche Bedingung ist, dass sich der Gehweg entweder durch eine Erhöhung von der Fahrbahn absetzt oder durch einen Grünstreifen davon abgetrennt ist. Eine farbliche Absetzung oder eine andere Asphaltierung reichen nicht aus. Die Fahrbahn wird wie in Michendorf von der Kommune übernommen.

In der Gemeinde Nuthetal sollen die Anlieger kleine Nebenstraßen indes auch weiterhin für den Kraftverkehr freihalten. Eine entsprechende Liste ist in diesem Jahr beschlossen worden. Die Änderung des Landesgesetzes hat die Gemeinde darin bestätigt – obwohl auch seitens der Verwaltung eingeräumt wird: Auch in kleineren Straßen sei zu prüfen, ob aufgrund besonderer Umstände von einem erhöhten Verkehrsaufkommen auszugehen ist. In Extremsituationen kann die Bürgermeisterin auch den Notfall ausrufen. In der Straßenreinigungssatzung ist vorgesehen, dass die Gemeinde bei „außergewöhnlichen Schneehöhen“ überall tätig wird.

Die Michendorfer Regelung ist da auf jeden Fall eindeutiger. Hagen Poser gehe es mit seiner Weigerung auch nicht ums Geld, wie er unterstreicht. Denn die 4,80 Euro für sein Wohngrundstück habe er sofort überwiesen. „Aber wenn ich für eine Straße zahlen soll, in der womöglich gar kein Winterdienst verrichtet wird, verletzt das mein Rechtsempfinden“, sagt er.

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