KulTOUR: Dreierpack für Frauen
Feminine Ausstellungen zum Kulturlandjahr „Mut und Anmut“ in Caputh und Werder (Havel)
Stand:
Von Gerold Paul
Schwielowsee - Der Raum im Seitenflügel von Schloss Caputh ist in mehrfacher Hinsicht „historisch“. In DDR-Zeiten diente er der Ausbildung aller, die sich hierzulande mit der Foto-Kamera ihr Brot verdienen wollten. Auch die bekannte Fotografin Monika Schulz-Fieguth hat hier ihr Handwerk gelernt. Nun stellt sie im Rahmen des sehr bekannten Kulturland-Themas „Mut & Anmut. Frauen in Brandenburg-Preußen“ genau hier sehr aparte Arbeiten zum Thema aus. Ihre Motive sind auch sehr historisch, über einige ist sie als Schulkind sogar noch gestolpert, auf den Ruinen vom Stadtschloss.
Kulturhaltige Reste davon hatten findige Hände und mutige Köpfe einst auf den Schirrhof von Sanssouci gebracht. Die Potsdamer Fotografin besuchte sie dort, fotografierte Männlein und Weiblein, Putten und olympische Geister, und war fasziniert, wie viel Leben aus diesem „Steinfriedhof“ wächst. Das ewig Weibliche davon, was nach Goethe ja „hinan“ ziehen soll, wurde dann für das Jahresthema ausgewählt. Nach Griechenästhetik geformte Köpfe im Schnee, apartes Frauenbein, Porträts, Fragmente, Torsi, in allem fand Monika Schulz-Fieguth trotz aller Morbidität seltsame Spuren von „Auferstehung“, sich mal als frisches Grün, mal als erhellender Lichtstrahl auf einem dunklen Objekt zeigend.
Alles wurde digital aufgenommen, dann aber drängte sie die meisten Farbpixel wieder aus dem Bild, so dass nur ein Hauch „Kolorit“ im grauweißen Grundkontrast bleibt. Das macht diese Arbeiten tatsächlich wieder lebendig, schön und natürlich „sehr feminin“. Die Fotografin wünschte sich, dass viele dieser Skulpturen nach langen Ruhejahren an der Fassade des Schloss-Neubaues eine altneue Heimat finden. Verdient?
Jedenfalls ein schöner Versuch, die Gegenwart vom Präteritum her zu grüßen.
Konzeptionell ist dieses von Krystyna Kauffmann und Frank W. Weber betreute Ausstellungstripel als „Zeitsprung. Aus der Sicht der Frauen“ angelegt. Das Caputher Schloss zeigt die schönen ollen Kamellen von dunnemals, im Heimathaus gleich nebenan stellt die Caputherin Lisa Krause ihre Version „historischer Bilder“ vor. 1939 begann die Caputherin, Landschaft und Leute, ihr direktes Umfeld, zu fotografieren, auch wenn es mal in die Tatra verlegt worden ist. In den siebzig Jahren ihrer Fotopraxis hat sich mehr Material angesammelt, als sich ausstellen ließe. Man kann alte Flecken und junge Gesichter sehen, verschollene Bäume und Tümpelchen, die es längst nicht mehr gibt, Häuser, Gesichter, Straßen. Auch das kostbare Weihnachtsgeschenk von damals, die historische Kamera, ist ausgestellt.
Frank W. Weber, Kurator im Werderaner Kunstgeschoss, ist ja bekannt dafür, dass er immer noch einen draufsetzt. Sagt „Kulturland“ also „Mut und Anmut“, so fügt er keck noch „Leidenschaft“ hinzu. Sein Teil der Gesamtausstellung führt also in die Gegenwart von Werder. Nicht allein ob des Rahmenprogramms mit Filmen von Gitta Nickel und zwei Konzerten, sondern weil hier junge, moderne Fotografinnen aus Berlin und Potsdam ihr Dasein und ihr Umfeld reflektieren. Dazu wird nagelneue, gar „futuristische“ Mode vom Lette Verein Berlin gezeigt – vielleicht als Pendant zu den verblichenen Kleidern Luises in Petzow.
Alle drei Teile wollen als Ganzes wahrgenommen werden, sonst kriegt man den Dreh mit dem „Zeitsprung“ nicht mit, und nicht jene „geistigen Auffassungen“, die erst zu den gezeigten „Handlungen“ der Frauen führten: Hier nennt man sie einfach „Anmut, Leidenschaft, Mut“.
bis 3. Oktober, Vernissage in Werder am heutigen Samstag um 18 Uhr
Gerold Paul
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: