Werder (Havel): Dressurfestival in Bonhomme startet
Das Reitturnier "Der Ritt um das Goldene Pferd" am Werderaner Gestüt Bonhomme ist dieses Jahr hochgradig besetzt. Das Geld bringen die Pferde aber nicht durch das Reiten ein.
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Werder (Havel) - Morricone lässt die Schultern hängen. Sein klitschnasses Haar hängt ihm ins Gesicht. Sein langer Rücken schimmert rot vom Licht des Solariums. Er streckt sein rechtes Vorderbein, mit einer Kühlbandage verbunden, von sich. Morricone wirkt entspannt.
Der nach dem bekannten italienischen Komponisten benannte Hengst kommt gerade von seiner morgendlichen Trainingsrunde und trocknet nach der Wäsche in einer der beiden Solariumsboxen auf dem Gestüt Bonhomme in Kemnitz. Dort startet am heutigen Donnerstag das Dressurfestival „Der Ritt um das Goldene Pferd“, bei dem auch der Star des Gestüts sich beweisen soll.
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Das Turnier hat sich in den vergangenen Jahren zu einem hochkarätig besetzten Ereignis entwickelt. Für dieses Jahr hat sich Dressur-Olympiasiegerin Kristina Bröring-Sprehe angemeldet. Bonhomme-Geschäftsführer Robert Conredel freut sich über die Entwicklung des Turniers: „Das zeigt, dass die Bedingungen bei uns für die Pferde, die Reiter und die Zuschauer top sind.“
Ein Zeltdorf für Turnierpferde
Bis zum 18. Juni erwarten die Veranstalter mehr als 500 Pferde. Für sie wurden neben dem Gestüt große weiße Stallzelte aufgebaut. Die Wettbewerbe beinhalten etwa Dressurprüfungen sowie die Qualifikation zum Finale des Nürnberger Burg-Pokals. Parallel finden die Deutschen Meisterschaften der Para Equestrian Dressage statt. Das komplette deutsche Paralympics-Team von Rio wird dafür in Bonhomme erwartet.
Hengst Morricone soll am Wochenende die Qualifikation zum Bundeschampionat schaffen. Das ist nicht nur für seine sportliche Entwicklung wichtig. Als fünfjähriger Zuchthengst muss er jedes Jahr sein Können in Prüfungen beweisen, um weiter zur Zucht zugelassen zu werden. Saskia Albrecht, Pressesprecherin des Gestüts, erklärt: „Das Decken steht bei uns im Vordergrund.“
14 Zuchthengste hat das Gestüt, streng nach Vorschrift von den übrigen Pferden getrennt. Vier sind Springpferde, die übrigen zehn vererben gute Dressurvoraussetzungen – und Morricone ist ihr Star. Bei der Körung, also dem Zuchtauswahlverfahren, 2014 in Oldenburg wurde er zum Siegerhengst gekürt. 750 000 Euro kostete er die Familie Gutmann, der das Gestüt gehört, vor zwei Jahren. Inzwischen schätzt man seinen Wert auf 2,5 bis 3 Millionen Euro. Denn Morricone hat nicht nur einen guten Körperbau, gute Bewegungsabläufe und einen tadellosen Stammbaum. Er ist auch sehr leistungsfähig. 400 bis 500 Stuten deckt der Hengst pro Jahr.
1300 Euro für eine Portion Pferdesamen
Gleich gegenüber des Solariums ist eine Absamungsstation eingerichtet. Eine höhenverstellbare Attrappe, das sogenannte Phantom, sieht ein bisschen aus wie ein Pauschenpferd aus dem Geräteturnen. Es steht in einem gekachelten Raum, daneben ein lebensgroßes Plastikpferd, das dem Hengst eine rossige Stute vorgaukeln soll. Bis zu 25 Portionen Sperma können bei einem Besuch gewonnen werden. Durchschnittlich jeden zweiten Tag ist Morricone in der Kammer. Eine Portion seines Spermas kostet 1300 Euro. Der Hengst als cash cow. „Er ist Gold wert“, sagt Albrecht.
Während das Gestüt mit diesen „Decktaxen“ sein Geld macht, sind die Turniere eine Chance, sich selbst und den Reitsport in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Etwa 1000 Zuschauer kamen im vergangenen Jahr zum Dressurfestival, 2000 zum eine Woche später stattfindenden Springturnier. Für dieses Jahr erwartet das Gestüt noch mehr Besucher.
Die letzten Vorbereitungen vor den großen Tagen laufen. Gärtner stutzen die Bäume vor den Ställen, trimmen die Rasenkanten. Auf den sanften grünen Hügeln des Geländes stehen schon Liegen und Lounge-Sessel bereit, die Gehwege sehen aus wie frisch geharkt. Auf dem zentralen Dressurviereck drehen zwei Reiter ihre Runden. Ein älterer Herr mit heller Schiebermütze auf dem Kopf steht am Rand, beobachtet die beiden und gibt ab und zu kleine Anweisungen.
Senorienresidenz für alte Hengste
Udo Lange ist einer der bekanntesten Dressurtrainer Deutschlands. Er soll dafür sorgen, dass die Tiere von Bonhomme in dieser Saison auch sportlich ihre Leistung bringen. Etwa 100 Pferde sind derzeit auf dem Gestüt, davon sind 60 aktive Sportpferde. 25 eigene Zuchtstuten stehen auf dem Gelände, ebenso wie zwölf „Rentner“-Hengste, die in einem eigenen kleinen Stalldorf ihr Gnadenbrot erhalten.
Von der Pferde-Seniorenresidenz ist Morricone noch weit entfernt. Der Oldenburger gilt mit seinen fünf Jahren noch nicht als ausgewachsen. Erst in ein paar Jahren wird sich zeigen, ob er auch als Turnierpferd ein Champion ist. Am Wochenende muss er sich erst einmal mit anderen exzellenten Hengsten messen. Olympiasiegerin Bröring-Sprehe etwa kommt mit Destiny – ein Nachkomme ihres berühmten Star-Pferdes Desperados.
Einen detaillierten Zeitplan für das Dressur- und das Springturnier in Bonhomme finden Sie online.
Martin Anton
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