Aus dem GERICHTSSAAL: Droh-Anrufe nach Übergriff bestritten Staatsanwaltschaft muss weiter ermitteln
Aus dem GERICHTSSAAL Werder/Potsdam - Obwohl Yussuf Ö.* (43) bis zuletzt bestritt, den kleinen Sohn eines befreundeten Paares auf der Toilette seiner Werderaner Gaststätte sexuell missbraucht zu haben, wurde er im September vorigen Jahres vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten auf Bewährung verurteilt.
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Aus dem GERICHTSSAAL Werder/Potsdam - Obwohl Yussuf Ö.* (43) bis zuletzt bestritt, den kleinen Sohn eines befreundeten Paares auf der Toilette seiner Werderaner Gaststätte sexuell missbraucht zu haben, wurde er im September vorigen Jahres vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten auf Bewährung verurteilt. Jetzt musste sich der Mann erneut vor Justitia verantworten, weil er den Vater des Kindes unmittelbar nach dem vermeintlichen Übergriff am 6. Juli 2001monatelang telefonisch genötigt haben soll, seine Anzeige bei der Polizei zurückzunehmen. Ansonsten – so der stets gleich lautende Wortlaut der Ferngespräche – würde er dessen Partnerin fertig machen oder das Paar abends zu Hause überraschen. Yussuf Ö. stellte auch diesen Anklagepunkt in Abrede. In Wahrheit hätten ihn die Eltern des Kindes bei jeder sich bietenden Gelegenheit öffentlich beschimpft und beleidigt, der Presse Lügenmärchen präsentiert, seinen Lieferanten zum Boykott der Waren aufgefordert, um ihn in den Ruin zu treiben. „Das hat ja auch geklappt“, resümierte Yussuf Ö. – er betreibt jetzt in Berlin ein kleines Elektrogeschäft – bitter. Motiv, ihn des sexuellen Missbrauchs des damals Sechsjährigen zu bezichtigen, sei Eifersucht gewesen, vermutete der Ex-Wirt. Mitunter, wenn die Mutter des Kleinen zu viel getrunken habe, sei es zu eindeutigen Annäherungsversuchen von ihrer Seite gekommen, die er stets abgewehrt habe. „Als ich erfuhr, was mir vorgeworfen wird, wollte ich mit dem Pärchen reden, um die Angelegenheit richtigzustellen. Aber keiner kam“, erzählte Yussuf Ö. vor Gericht. Später habe es keine diesbezüglichen Gespräche mehr gegeben. „Er rief sehr oft und sehr massiv an. Manchmal war auch sein Bekannter vom Sicherheitsdienst dran“, hielt Ralf R.* (47) im Zeugenstand dagegen. „Als mir meine Lebensgefährtin von dem Vorfall auf der Gaststättentoilette berichtete, erstatteten wir sofort Anzeige“, erinnerte sich der Vater des Kindes. Daraufhin habe ihm der Angeklagte Geld geboten, um die Sache aus der Welt zu schaffen. 20 000 Mark wären das mindeste gewesen, das er sich als Schadenersatz für das Kind holen wollte, gestand der Zeuge. Dazu sei es allerdings nicht gekommen. Statt dessen hätte der Telefonterror begonnen, der bis November 2001 währte. Während der meist abends auf seinem Handy ankommenden Droh-Anrufe sei oft seine Partnerin zugegeben gewesen, die sehr verängstigt reagiert habe, so Ralf R. Einmal habe ein Mitarbeiter des Sozialtherapeutischen Instituts Berlin-Brandenburg (STIBB) in Kleinmachnow ein derartiges Telefonat mitgehört, ein anderes Mal ein Werderaner Polizeibeamter. Dies war dem Gericht unter Vorsitz von Kerstin Devriel offenbar neu. Denn weder im polizeilichen Ermittlungsverfahren noch in den Akten der Staatsanwaltschaft zu dem vermeintlichen sexuellen Missbrauch des Sechsjährigen tauchen derartige Personen auf. Eine Erinnerung an ihre Namen keimte in Ralf R. während seiner Aussage leider nicht. Es müsse allerdings Protokolle oder Gesprächsnotizen geben, die die Wahrhaftigkeit seiner Aussage stützen, betonte er. „Die haben da doch bestimmt unterschrieben.“ Das Gericht – wissend um die Beweiskraft solch potenzieller Ohrenzeugen – gab das Verfahren gegen Yussuf Ö. wegen versuchter Nötigung zur Nachermittlung an die Staatsanwaltschaft zurück. Hat diese ihre „Hausaufgaben“ gemacht, wird es einen neuen Termin geben. (*Namen geändert.) Gabriele Hohenstein
Gabriele Hohenstein
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