Potsdam-Mittelmark: Edistherm im Visier der Linken
Antrag: Fernwärmeversorgung in Werder soll kartellrechtlich geprüft werden / Rathaus verhandelt zu Preis
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Werder (Havel) - Der Rechnungsprüfungsbericht 2007 ließ aufhorchen: Fernwärmekunden in Werder leben teuer, auch das Rathaus. In zwei mit Fernwärme versorgten Grundschulen waren die durchschnittlichen Kosten pro Schüler mit 101 Euro mehr als doppelt so hoch wie in den zwei mit Erdgas beheizten Grundschulen. Dort mussten nur 43 Euro eingesetzt werden.
Werders Fraktion „Die Linke“ fordert deshalb heute in einem Beschlussvorschlag an das Stadtparlament, die Fernwärmepreise kartellrechtlich prüfen zu lassen – mit dem „Verdacht auf Missbrauch einer Monopolstellung“. Nach früheren Angaben sind etwa 3000 Werderaner Haushalte und damit die Hälfte aller Bewohner ans Fernwärmenetz angeschlossen. Seit 1998 besteht in Werder ein Anschlusszwang für Mehrfamilienhäuser. Der vollständige Verkauf der Wärmeversorgung und ihre Privatisierung sollte aus Sicht der Linken rückgängig gemacht werden.
Stattdessen schlägt Fraktionschef Hans Eckert einen Unternehmensverbund der städtischen Wohnungsgesellschaft HGW und des Rathauses und eine dezentrale Wärmeversorgung durch Kraftwärmekopplung vor. „In den nächsten Monaten und Jahren laufen viele Wärmeversorgungsverträge aus“, sagt Eckert. „Die Möglichkeit zu wechseln, etwa auf dezentrale Eigenversorgung, ist damit rechtlich einfacher möglich.“
Die Fernwärme der edistherm in Werder war im vorigen Jahr tatsächlich die teuerste im Land Brandenburg. Nach Zahlen des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, mit denen auch die Energieanbieter arbeiten, kostete die Megawattstunde in einem Musterhaushalt (zwei Personen, 60 Quadratmeter Wohnfläche) 119,15 Euro. Brandenburgs Fernwärme-Schnitt liegt bei 95,43 Euro (PNN berichteten).
Die Privatisierung der Fernwärme in Werder ist noch gar nicht lange her: Im Jahr 2001 hatte das Rathaus die Wärmetechnik Werder GmbH an die edistherm verkauft. Das mit Schweröl betriebene Dampfheizwerk wurde daraufhin für über zwei Millionen Euro auf Erdgas umgerüstet, oberirdische Leitungen neu verlegt. Das komplette Entwicklungsgebiet Havelauen war schon zuvor mit Fernwärme erschlossen worden, doch die Entwicklung hier und anderswo erfolgte nicht im erhofften Tempo, wie es von Seiten der edistherm heißt. Die wirtschaftliche Auslastung einer neuen, sechs Kilometer langen Fernwärmetrasse in die Havelauen sei bis heute nicht gegeben.
Edistherm-Sprecher Jörg-Uwe Kuberski wies gestern gegenüber den PNN den von den Linken angeführten Vergleich zwischen dem Erdgas- und dem Fernwärmepreis zurück. „Wir liefern Wärme, die aus Erdgas noch erzeugt werden muss“, sagte Kuberski. Ähnlich argumentiert das Rathaus: Bei einer dezentralen Wärmeversorgung seien auch die Investitions- und Betriebskosten zu betrachten, sagte Werders 1. Beigeordneter Hartmut Schröder (CDU) auf Anfrage. Der Vergleich ist Gegenstand einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die gerade in Auftrag gegeben wurde.
Einen Abschied von der edistherm plant das Rathaus derzeit nicht. „Die Fernwärmeversorgung und auch Warmwasserversorgung ist eine der umweltfreundlichsten Energieformen in unserer Stadt und sollte auch nicht in Frage gestellt werden“, so Schröder. Schon seit März sei man mit der edistherm über den Preis für die städtischen Abnehmer im Gespräch – und rede schon über deutlich weniger als die 131 Euro pro Megawattstunde, die die Stadt im ersten Quartal aufzubringen hatte. Henry Klix
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