Aus dem GERICHTSSAAL: Ehefrau nach Streit vergewaltigt?
Polizeibeamter bestreitet die Tat. Vermeintliches Opfer soll psychologisch begutachtet werden
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Potsdam-Mittelmark - Ralf R.* (58) aus einem Ort bei Potsdam ist Polizeibeamter. Zur Zeit läuft ein Disziplinarverfahren gegen ihn. Er soll Ostern 2008 seine Ehefrau nach einem Streit auf dem Esstisch der gemeinsamen Wohnung vergewaltigt haben. Vergewaltigung ist ein Verbrechen und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet. Falls sich der Vorwurf bestätigt, würde dies das berufliche Ende für den Polizisten bedeuten, der eineinhalb Jahre vor seiner Pensionierung steht.
Doch Ralf R. bestritt die Tat am Dienstag vor dem Schöffengericht. Anfangs noch gefasst schilderte er das Auf und Ab seiner 16-jährigen Ehe, die in den letzten Jahren von Auszügen, Versöhnung und Wiedereinzügen seiner Frau geprägt war. Inzwischen lebe man getrennt, die Scheidung sei eingereicht, so Verteidiger Bodo Zielonka. „Es gab nie Gewalt in unserer Beziehung, schon gar keine Vergewaltigung“, beteuerte der zweifache Vater. Allerdings habe sich das Zusammenleben mit der Frau zunehmend verschlechtert, je mehr sie dem Alkohol zugesprochen habe. „Erst hat sie nur abends Wein getrunken, später zwei Flaschen mindestens, angeblich, um zu entspannen. Dann begann sie schon tagsüber“, erzählte der Angeklagte. Irgendwann habe sie überall Tiere gesehen, die ihre Freiheit suchten. „Ich bin der Meinung, sie befand sich im Delirium. Deshalb habe ich ja immer gehofft, dass sie eine Therapie macht.“
Stattdessen habe sich seine Frau nicht mehr um die ältere Tochter gekümmert, betrunken einen Verkehrsunfall verursacht, die Fahrerlaubnis verloren. Eines Tages habe sie Tabletten geschluckt, um aus dem Leben zu scheiden. „Ich wollte die Familie unter allen Umständen erhalten. Aber es ging einfach nicht“, schilderte Ralf R. mit den Tränen kämpfend.
Jetzt wohne seine Noch-Ehefrau mit der jüngeren Tochter in einer anderen Stadt. Das ältere Mädchen blieb bei ihm. „Im Sommer 2011 kam die Mitteilung der Polizei, dass sie mich wegen Vergewaltigung angezeigt hat“, erzählte der Beamte. Das habe er nicht fassen können.
Die von Ralf R. getrennt lebende Ehefrau trat im Prozess als Nebenklägerin auf. Ihre Anwältin beantragte, während der Aussage ihrer Mandantin die Öffentlichkeit auszuschließen und Ralf R. so lange „aus dem Verhandlungssaal zu entfernen“. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Birgit von Bülow entschied ebenso. Nach einer Stunde wurde die Öffentlichkeit wiederhergestellt. Ralf R. nahm erneut auf der Anklagebank Platz.
Die Vorsitzende informierte ihn über den Inhalt der Aussage. Diese habe sich äußerst schwierig gestaltet, da das vermeintliche Vergewaltigungsopfer in sehr schlechter Verfassung gewesen sei. Nach einfühlsamer Befragung habe sich folgendes Bild ergeben: Das Ehepaar habe zum fraglichen Zeitpunkt zuerst ferngesehen, dann spontan den Wunsch nach Sex verspürt. Doch davor kam es zum Streit. Der Frau verging die Lust. Der Angeklagte habe Gewalt angewendet.
Das Gericht entschied, die Zeugin psychologisch begutachten zu lassen und setzte das Verfahren aus. „Das nimmt uns zwar die Würdigung nicht ab, kann aber helfen, uns der Wahrheit zu nähern“, so die Vorsitzende. „Und ich behalte mein Disziplinarverfahren am Hintern“, erwiderte der Angeklagte verbittert. (*Name geändert.) Hoga
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